Deutschland zeigt Unterstützung für Israels militärische Aktionen in Gaza und steht unbeirrt an seiner Seite. Diese Haltung ist an sich nichts Neues. Doch bemerkenswerter ist die jüngste Ankündigung Deutschlands vom 12.01.2024, Israel vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu verteidigen und zu intervenieren.[1]

In Reaktion darauf äußert sich der Twitter-Account des namibischen Präsidiums empört und verfasst einen offenen Brief an Deutschland. Darin wird Deutschland daran erinnert, zwischen 1904 und 1908 den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts verübt und dabei Zehntausende unschuldige Namibier “unter unmenschlichsten und brutalsten Bedingungen” getötet zu haben. Weiter wird Deutschland vorgeworfen, unfähig zu sein, aus dieser schrecklichen Vergangenheit Lehren zu ziehen und bis heute nicht vollständig Wiedergutmachung geleistet zu haben. Der namibische Präsident sei zutiefst besorgt darüber, dass die Bundesregierung die Anklage gegen Israel zurückweist und verteidigt, dabei jedoch den gewaltsamen Tod von über 23.000 Palästinensern in Gaza ebenso ignoriert wie die Vertreibung von 85 % der Zivilbevölkerung. Der Brief betont, dass Deutschland sich nicht zur UN-Konvention gegen Völkermord bekennen und gleichzeitig Sühne für den Völkermord in Namibia leisten könne, während es “das Äquivalent eines Holocausts” und Völkermords in Gaza unterstützt. Im Brief wird auch der namibische Präsident Geingob vom 31. Dezember 2023 zitiert: “Kein friedliebender Mensch kann das Blutbad an den Palästinensern in Gaza ignorieren.” Der Präsident appelliert an die Bundesregierung, die Verteidigung als Drittpartei zur Unterstützung der Völkermordtaten Israels vor dem Internationalen Gerichtshof zu überdenken. [2]

Hintergrund:

Hintergrund: Der Völkermord in Namibia, damals Deutsch-Südwestafrika, fand von 1904 bis 1908 statt, als es eine deutsche Kolonie war. Die Kolonialtruppen führten einen brutalen Krieg gegen die Herero- und Nama-Völker, die sich gegen die deutsche Kolonialherrschaft auflehnten.

Die Herero und Nama wurden auf Anordnung von Lothar von Trotha in Konzentrationslagern interniert, wo sie Zwangsarbeit leisten mussten und unter Unterernährung und Misshandlung litten. Schätzungsweise wurden 65.000 von 80.000 Herero und 10.000 von 20.000 Nama infolge dieser Gewalttaten getötet. Die Überlebenden wurden in die Wüste vertrieben.

Fast 100 Jahre später erkannte Deutschland den Völkermord an und im Mai 2021 verkündete Deutschland ein bilaterales Abkommen, das Namibia unterzeichnet hat, um finanzielle Entschädigungen in Höhe von 1,1 Milliarden Euro für die Nachfahren der Opfer bereitzustellen.[3]


[1] https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/erklaerung-der-bundesregierung-zur-verhandlung-am-internationalen-gerichtshof-2252842

[2] https://x.com/nampresidency/status/1746259880871149956?s=46

[3] https://www.deutschlandfunk.de/versoehnungsabkommen-mit-namibia-deutschland-erkennt-100.html; https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/namibia-node/bilateral/208320