In seinem postum erschienenen Buch „Was ist das Christentum?“ kritisiert der kürzlich verstorbene Papst Benedikt XVI. unter anderem den muslimisch-christlichen Dialog aber auch die Genderideologie. Außerdem sieht er den christlichen Glauben nicht als Buchreligion an.
Papst Benedikt hält eine gemeinsame Mahlfeier von Katholiken und Protestanten für unmöglich
Das Buch, welches seit Mittwoch zunächst nur in italienischer Sprache erhältlich ist, enthält 16 Texte aus der Zeit nach dem Rücktritt von Papst Benedikt vom Amt des Papstes im Jahre 2013. In dem Buch gibt es kritische Meinungen über den Protestantismus, den Koran, aber auch über die Genderideologie. Laut den Herausgebern hat Papst Benedikt XVI. fest darauf bestanden, dass sie das Buch erst nach seinem Tod veröffentlichen.
So halte der am 31.12.2022 verstorbene Papst Benedikt eine gemeinsame Mahlfeier von Katholiken und Protestanten für unmöglich. Wegen ihrer völlig entgegengesetzten theologischen Grundlagen „sei es ganz klar, dass ‚Abendmahl‘ und ‚Messe‘ zwei grundverschiedene Formen des Kults sind, die einander von ihrem Wesen her ausschließen.
Gesellschaften, die sich gegen die Wahrheit stellen, sind intolerant
In dem Buch kritisiert Papst Benedikt XVI. auch ein aus seiner Sicht falsches Toleranzverständnis vieler westlicher Staaten. Sie, die „Großmächte der Toleranz“ räumten dem Christentum, die von ihnen propagierte Toleranz nicht ein. Mit ihrer „radikalen Manipulation des Menschen“ und „der Verzerrung der Geschlechter durch die Genderideologie“ stellten sie sich klar gegen das Christentum.
„Die Intoleranz dieser scheinbaren Modernität gegenüber dem christlichen Glauben ist noch nicht in offene Verfolgung umgeschlagen, und doch zeigt sie sich in zunehmend autoritärer Weise mit dem Ziel, durch entsprechende Gesetzgebung die Auslöschung dessen zu erreichen, was wesentlich christlich ist.“
Ebenso teile er nicht die Kritik, dass das Christentum durch seinen Wahrheits- und Universalitätsanspruch selbst intolerant sei. Dies würde seiner Meinung nach bedeuten, dass die Wahrheit selbst gefährlich sei. Stattdessen sei die Toleranz im Wesen der Wahrheit verankert, so Papst Benedikt. Hingegen sind diejenigen Gesellschaften intolerant, die sich gegen die Wahrheit stellten.
Kritik an muslimisch-christlichem Dialog
Auch einige gegenwärtige Versuche zum Dialog von Christen und Muslimen betrachtet Papst Benedikt mit einem kritischen Auge. Zum einen seien diese Dialogversuche oft von der „ungenügenden Kenntnis der heiligen Schriften“ beider Religionen gekennzeichnet. Zum anderen sei dieser Dialog häufig „strukturell falsch aufgestellt“.
So wird betont, dass sowohl die Bibel als auch der Koran von der Barmherzigkeit Gottes sprechen. Daraus leitetet man dann die Aufforderung zur Nächstenliebe ab. Im gleichen Atemzug wird aber auch festgestellt, dass sich in beiden Texten Aufrufe zur Gewalt finden lassen. Schlussendlich stelle man sich dann aber gewissermaßen über beide Religionen und kommt zum Ergebnis, dass es in beiden Religion Gutes und Schlechtes gebe. Aus diesem Grunde sei es dann nötig, sowohl die Bibel als auch den Koran in einer Hermeneutik der Liebe zu lesen und sich mit Blick auf beide der Gewalt entgegenzustellen.
Papst Benedikt XVI.: „Christlicher Glaube keine Buchreligion“
Dies führte dazu, so der frühere Papst, dass verschiedene Ebenen mit einander vermischt werden. Denn anders als die Bibel sei der Koran ein einziges Buch. Muslime sehen es als direkte Inspiration Gottes. Dadurch beansprucht der Koran eine von Gott ausgehende Autorität. Jedoch bei der Bibel sehe es etwas anders aus. Diese sei eine über etwa tausend Jahre gewachsene Sammlung von Schriften. Juden und Christen glauben daran, dass diese Schriften nicht unmittelbar von Gott diktiert wurden, so das frühere Kirchenoberhaupt. Deshalb entwickle sich ihre Autorität immer nur in der Interpretation des Weges, den das Volk Gottes unter seine Führung zurückgelegt habe. Insofern sei der christliche Glaube keine „Buchreligion“. Deswegen kommt Papst Benedikt zum Schluss, dass man sich unter der Beachtung dieser strukturellen Unterschiede dafür hüten müsse, übereilte Parallelen zwischen den beiden Religion zu ziehen.
Sicherlich war sich der ehemalige Papst über die Kontroversität seiner getätigten Aussagen bewusst, weshalb er wahrscheinlich deswegen darauf bestanden hat, dass das Buch erst nach seinem Tod veröffentlicht werden darf. Wie dem auch sei, seine Aussagen regen definitiv zum Nachdenken an.