Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gratuliert den Muslimen zum Fest des Fastenbrechens. Nur einen Tag zuvor am 19.April war der Bundespräsident in Warschau auf Einladung des polnischen Präsidenten Andrzej Duda gemeinsam mit dem israelischen Präsidenten Isaac Herzog anlässlich der Gedenkfeier zum 80. Jahrestag des Aufstands im Warschauer Ghetto in Polen anwesend. Bei der Gedenkrede Steinmeiers zeigte sich erneut die deutsche Haltung gegenüber Israels Politik.

„Das Fest am Ende des Ramadan ist eines der großen religiösen Feste in unserem Land.“

In seiner Grußbotschaft zum Fest des Fastenbrechens am 21. April lobte er die vielen Gemeinden, die in diesem Jahr zum öffentlichen Fastenbrechen eingeladen haben. Er wünsche sich, „dass viele anders- oder nichtgläubige Menschen die Gelegenheit nutzen, um das zweithöchste islamische Fest kennenzulernen und mit Musliminnen und Muslimen ins Gespräch zu kommen. Je mehr wir in unserer vielfältigen Gesellschaft neugierig, offen und respektvoll aufeinander zugehen, desto besser wird das Miteinander der Verschiedenen gelingen!“

Außerdem machte er auf die Pflichtabgabe (Zakāt al-fitr) aufmerksam, die zum Ende des heiligen Monats Ramadan entrichtet und an Arme und Bedürftige verteilt wird und zog eine Verbindung zu den zahlreichen Spenden- und Hilfsaktionen der islamischen Gemeinden und Organisationen aus Deutschland für die Katastrophengebiete nach den Erdbeben in der Türkei und Syrien. Schließlich sei das Ramadanfest „auch ein Fest des Abgebens und Teilens, eine Feier der Mitmenschlichkeit“.

Steinmeier als erster deutscher Staatsgast mit Gedenkrede vor dem Denkmal der Helden des Warschauer Ghettos

Die Grußbotschaft des Bundespräsidenten an die Muslime ist sicherlich als nette Geste zu zählen. Dennoch kann es leicht passieren, dass man nach solchen Nachrichten schnell die andere Seite der Medaille vergisst. Schließlich war Steinmeier nur einen Tag vor seiner Grußbotschaft bei der Gedenkfeier zum 80. Jahrestag des Aufstandes im Warschauer Ghetto gegen die Nationalsozialisten in Polen gewesen. Bei seiner Gedenkrede unterstrich er die wichtigste Lehre aus diesem Ereignis:

„Nigdy więcej! !לעולם לא עוד Nie wieder! Nie wieder Rassenwahn, nie wieder entfesselter Nationalismus, nie wieder ein barbarischer Angriffskrieg. Nie wieder – darauf gründet unser gemeinsames Europa. Uns, die wir heute hier gemeinsam gedenken, uns verbinden der Glaube an unsere gemeinsame Zukunft und unsere gemeinsamen Werte: die Gültigkeit des Völkerrechts, das friedliche Zusammenleben aller Menschen in Freiheit und Demokratie.“

Natürlich hatte er auch einige Sätze für Putins „völkerrechtswidrigen Angriff“ auf die Ukraine übrig. Außerdem wissen Polen und Israel aus ihrer Geschichte, dass man Freiheit und Unabhängigkeit erkämpfen und verteidigen muss. Es sei überaus wichtig, „dass eine Demokratie sich wehrhaft zeigt“.

Wie wehrhaft die „Demokratie“ Israels ist, hat sie vor allem in den letzten Wochen und Monaten gezeigt. Dass der deutsche Bundespräsident in Anwesenheit des israelischen Präsidenten die Wörter „nie wieder Rassenwahn, nie wieder entfesselter Nationalismus“ ausspricht ohne auf die jahrzehntelange Unterdrückung Israels gegenüber den Palästinensern aufmerksam zu machen, zeigt dass seine Aussage anscheinend nicht für alle gilt. Es wird immer wieder auf die Vergangenheit hingewiesen und dass sich auch zukünftige deutsche Generationen schuldig fühlen müssen. Gleichzeitig verschließt man beide Augen gegenüber der aktuellen und jüngsten deutschen direkten oder indirekten Mittäterschaft bei der Unterdrückung vieler muslimischer Nationen, wie Palästina, Syrien, Jemen u.v.m.

Steinmeier
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der zentralen Gedenkveranstaltung zum 5. World Holocaust Forum am 23. Januar 2020 in Jerusalem
Kremlin.ruRemembering the Holocaust. Fighting Antisemitism forum (2020-01-23) 06CC BY 4.0