
Abu Muhammad al-Julani, mit bürgerlichem Namen Ahmed Hussein al‑Sharaa, wurde im Oktober 1982 in Riad, Saudi-Arabien, als Sohn einer sunnitisch-syrischen Familie aus den Golanhöhen geboren. 1989 kehrte seine Familie zurück nach Damaskus. Aus einer gutsituierten Familie ändert sich sein Lebensweg mit dem Beginn des Irakkriegs. Vom bürgerlichen Medizinstudenten zum Jihadisten zum moderaten Politiker mit besten Beziehungen zum Westen. Wahrer Wandel, Planung des Westens oder versteckt sich hinter dieser modernen Fassade etwas anderes?
Die Laufbahn beginnt bei Al-Qaida im Irak
Im Jahr 2003 er schloss er sich der Al‑Qaida im Irak an und kämpfte gegen die US-Invasion. In der Organisation steig er rasch in höhere Ränge auf und war möglicherweise ein Vertrauter der Führungsriege. Al‑Qaida war verantwortlich für die Anschläge vom 11. September 2001 auf das World Trade Center und damit für tausende Unschuldiger in Amerika. Auch Terroranschläge wie in Manchester 2017 gehen auf Al‑Qaida zurück. 2006 wurde er von US-Truppen gefangen genommen und saß bis 2011 in Haft. Was während seiner Haftzeit geschah ist unbekannt.
Von Al‑Qaida im Irak zur Gründung von Jabhat al‑Nusra (2012–2016)
Nach seiner Freilassung kehrte al-Julani nach Syrien zurück. 2012 gründete er mit Unterstützung Al‑Qaidas vor Ort die Jabhat al‑Nusra, die sich rasch zum führenden extremistischen Ableger im syrischen Bürgerkrieg entwickelte. Er kämpfte an der Seite Abu Bakr al-Baghdadis, verkündete jedoch im April 2013 den Bruch: al-Julani lehnte den Zusammenschluss mit dem Islamischen Staat ab und blieb Al‑Qaida treu.
Aufstieg zur Führung von ISIS-Nachfolgeorganisationen
2014 intensivierte al-Julani seine Herrschaft und distanzierte sich zunehmend von transnationalen Zielen. Die Mischung aus Guerilla‑Krieg und Repression gegen Andersdenkende, Minderheiten und Zivilisten wurde zu seinem Markenzeichen. Unter seiner Führung verübte Jabhat al-Nusra grausame Verbrechen: Christen, Schiiten und Jesiden wurden systematisch ermordet; jesidische Frauen kamen auf Sklavenmärkten für Sexsklaverei unter. Menschenrechtsorganisationen dokumentieren die gezielte Verfolgung und grausame Misshandlungen religiöser Minderheiten.
Transformation zu Hayat Tahrir al‑Sham und enthemmte Gewalt
2016 brach al-Julani öffentlich mit Al‑Qaida. Aus Jabhat al-Nusra wurde Jabhat Fateh al‑Sham, im Jahr 2017 fusionierte die Gruppe mit mehreren Milizen zur Hayat Tahrir al‑Sham (HTS). Unter Scharaa/al-Julani wurde HTS der dominierende Machtfaktor in Idlib und gewann eine neue Rolle als de facto Machthaber. Formal richtete HTS lokale Dienstleistungen und eine Regierungsstruktur ein, doch die Gewalt blieb integral: Willkürliche Verhaftungen, Hinrichtungen und Unterdrückung politischer Gegner prägten das Bild.
Am 27. November 2024 begann die lang erwartete Offensive der HTS gegen den syrischen Machthaber al-Assad. Wie zu erwarten gab es von Seiten der syrischen Armee keine Gegenwehr. Die HTS nahm bereits am 29. November ungehindert Aleppo ein. Am 8. Dezember konnten die Rebellen dann kampflos die Hauptstadt Damaskus übernehmen. Der Weg zum scheinbar moderaten Führer Syriens nahm weiter seinen Lauf.
Widersprüchliche Aufmerksamkeit aus dem Westen
Am 03. Januar 2024 kam es zum vermutlich bisher überwältigenden Bruch der westlichen Moral: Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock besuchte als erste Frau unter der „feministischen Außenpolitik“ Syriens Machthaber – al-Scharaa selbst – und reiste nach Damaskus, ohne Handschlag, aber mit großem medialem Echo. Wie lässt sich das erklären? Eine Frau, die Souveränität und Rechte für Frauen in den Mittelpunkt ihres Außenbildes stellt, trifft sich mit einem Mann, unter dessen Führung Frauen systematisch für Sexsklaverei versklavt wurden – und das ohne über die Verbrechen seiner Organisation zu sprechen. Ein schillernder Widerspruch.
Widerspruch und Fazit
Al-Julani ist längst kein regionaler Rebell mehr, sondern ein international sanktionierter Terrorist – bis nun langsam die Sanktionen und Strafforderungen ihm gegenüber enthoben werden. Menschen wurden unter seiner Führung versklavt, abgeschlachtet und vertrieben. Doch der Westen – speziell Deutschland – präsentiert ihn jetzt als legitimen Gegenpart zu Assad. Ein Mörder wird zum vertrauenswürdigen Partner erklärt. Diese offene Doppelmoral entlarvt die politische Rhetorik der feministischen Außenpolitik und der westlichen Politik generell als farce: Wofür stehen Menschenrechte, wenn sie mit einem Händedruck an einen Terroristen erkauft werden?
Die Akzeptanz al-Julani als „De-facto-Präsident“ Syriens stellt eine neue Form geopolitischer Realpolitik dar – jenseits von Idealen, jenseits von Gerechtigkeit. Der Tod von unschuldigen Menschen, darunter zahllose Frauen und Kinder, bleibt dabei auf der Strecke. Die Opfer sind nun wie so oft vom moralischen Wertewesten vergessen, denn nun haben sie eine Puppe, die für sie handelt.
