Am 20.8.2022 starb die Tochter des russischen Philosophen Prof. Alexander Dugin bei einem Mordanschlag, der wohl ihm gegolten hat. Westliche Medien äußerten zum Teil Verständnis, offen Häme und Schadenfreude.
Eva Hausteiner hat in der „Zeit“ darauf aufmerksam gemacht, dass all die Behauptungen, Dugin sei „Putins Gehirn“ bzw. „Putins Chefideologe“, der hinter seiner Weltanschauung stehe, haltlos sind und nicht belegt werden können. Dugin hat sich bspw. in seiner Putin-Biographie z.T. sehr kritisch mit dem russ. Präsidenten auseinandergesetzt.
Dugins fundierte und schonungslose Kritik des westl. Liberalismus ist aber durchaus als gefährlich für den Westen anzusehen.
Dugin konstruierte eine „Vierte Politische Theorie“, die nicht nur den Kapitalismus, sondern die westliche „kulturelle Moderne“ überhaupt als Hauptfeind ansieht. Mit dem Liberalismus habe Letztere den Materialismus, Atheismus und die Abwendung von allem Heiligen hervorgebracht. Eine Wahrheit gebe es nicht mehr, es herrscht das „Anything goes“. Er bezeichnet den Westen als „die Zivilisation des Antichristen“, die z.B. statt der traditionellen Familie eine satanische und unnatürliche Neukonstruktion an deren Stelle setze und die Bezeichnungen „Vater“ und „Mutter“ ab absurdum führe.
Religion vs Westen
Dugin ist ein entschiedener Gegner des westlichen Universalismus und Globalismus, weshalb er u.a. auch ein Bündnis mit der islamischen Welt in sein Konzept integriert hat. Für ihn gibt es zwei Universen, die sich gegenüberstehen. Auf der einen Seite die religiöse Welt und auf der Anderen die globalistische postmoderne Welt des Werteverfalls (der Westen). Die Menschen müssten gegen die „herrschenden liberalen Eliten“ aufstehen, um ihre Traditionen und Religionen zu retten. Dugin zufolge gibt es 3 Phasen des Liberalismus: vom Kapitalismus über die Globalisierung zu Gender und Posthumanismus. Die Intoleranz der angeblich Liberalen gegen all diejenigen, die z.B. die Gender-Theorien nicht akzeptieren, zeige immer mehr, dass sich diese zu einem Feind der Freiheit entwickeln.
Die Nähe zun Islam
Dugin sieht ein orthodox wiedergeborenes Russland als den bedeutendsten “Pol des großen Erwachens” (Dugin, “Das grosse Erwachen gegen den Great Rest”, S. 46). Obwohl russisch-orthodoxer Christ, so hat Dugin dennoch auch immer wieder seine Nähe zur islamischen Befreiungstheologie zum Ausdruck gebracht. So hat Dugin z.B. auch den 80 km-Fußmarsch von Nadschaf nach Kerbela mitgemacht.
Im Hinblick auf den Mordanschlag dürfte aufgrund der bisherigen Ausführungen klar sein, dass Dugin aufgrund seiner rigorosen Gegnerschaft zu den westlichen liberalen Eliten und seines Einflusses viele Feinde im Westen hatte. Wer hat wohl ein Interesse daran, ihn zu töten?
Bild: MOSCOW CITY NEWS AGENCY