Das unterdrückerische Vorgehen Saudi-Arabiens gegen kritische Stimmen – Der Fall von Salma El-Shehab

Das unterdrückerische Vorgehen Saudi-Arabiens gegen kritische Stimmen – Der Fall von Salma El-Shehab

Anfang August 2022 verurteilte ein saudi-arabisches Gericht die 34-jährige Salma El-Shehab zu 34 Jahren Haft, gefolgt von einem 34-jährigem Reiseverbot. Menschenrechtsinitiativen stellen fest, dass dieses Urteil die bislang längste bekannte Strafe für eine Aktivistin in Saudi-Arabien darstellt. Ihr Verbrechen: Gelegentlich hatte Salma, welche der Glaubensrichtung der diskriminierten schiitischen Minderheit in Saudi-Arabien angehört, sich auf Twitter solidarisch mit Regime-kritischen Menschenrechtsaktivisten gezeigt und sich für ein gerechteres System in Saudi-Arabien eingesetzt.

Unzählige Inhaftierungen und Hinrichtungen von Unschuldigen ohne Folgen

Dass das Königreich Stimmen, die ihm gegenüber kritisch eingestellt sind, buchstäblich mundtot macht, zeigen die unzähligen Inhaftierungen und Hinrichtungen von Zivilisten der unterschiedlichsten Alters- und Personengruppen in Saudi-Arabien. Der Weltgemeinschaft wurde dies 2018 mit der Ermordung des saudi-arabischen Journalisten, Jamal Khashoggi, im saudi-arabischen Konsulat in der Türkei am ehesten verdeutlicht. Untersuchungen schlussfolgerten, dass der de facto Regent, Kronprinz Mohammed bin Salman (auch MBS genannt), den Mord in Auftrag gegeben habe. Auf der Welle der Empörung reitend, beteuerten Führungspersönlichkeiten der westlichen Staaten Konsequenzen für das Königreich, die soweit ausblieben.

Nach wie vor tritt MBS als vermeintlicher „Reformierer“ auf, der angeblich liberalere Werte im Königreich etablieren möchte. Gleichzeitig geht er erbarmungslos mit allen Menschen um, die seinen Vorstellungen gegenüber kritisch eingestellt sind. Und so folgte dieses drakonische Urteil zu Salma El-Shehab nur kurze Zeit nachdem US-Präsident Joe Biden dem Königreich einen Wieder-Annäherungs-Besuch abgestattet hat. Bei diesem Besuch kam es zu neuen wirtschaftlichen Abkommen zwischen den beiden Ländern. Letztlich wog das Öl erneut mehr, als das Blut unschuldiger Menschen. Derartige Normalisierungen der Beziehungen zu MBS und der Saudischen Regierung sind eine unausgesprochene Akzeptanz ihrer Menschenrechtsverletzungen.

Salma El-Shehabs Urteil ist unverhältnismäßig und nicht nachvollziehbar

Es heißt, mit Salma El-Shehab hätte Saudi-Arabien kürzlich hunderte weiterer Frauen wegen ihrer Beiträge auf den sozialen Medien verurteilt. Fragwürdig ist, wieso Salma El-Shehab ein derart hohes Strafmaß bekommen hat. Dabei hatte El-Shehab nur rund 2500 Follower auf Twitter und führte ein hauptsächlich unpolitisches Leben. Die Mutter von zwei jungen Kindern lebte zuletzt in Leeds, wo sie dabei war, ihr PhD Studium abzuschließen.

Die saudischen Behörden nahmen El-Shehab im Januar 2021 fest. Sie verurteilten sie zunächst zu sechs Jahren Haft, da sie Twitter genutzt hätte um „die öffentliche Ordnung zu stören und die Sicherheit und Stabilität des Staates zu destabilisieren“. El-Shehab fechtete das Urteil an. Sodann wurde sie von einem Sondergericht für Terrorismus und Verbrechen der nationalen Sicherheit mit der 34-jährigen Haftstrafe, gefolgt von einem 34-jährigen Reiseverbot verurteilt.

Khalid Aljabri, ein Saudi, der im Exil lebt und dessen Schwester und Bruder im Königreich festgehalten werden, sagte im „Guardian“, der Fall El-Shehab bestätige die Ansicht Saudi-Arabiens, dass abweichende Meinungen mit Terrorismus gleichzusetzen seien:

„Salmas drakonische Verurteilung vor einem Terrorismusgericht wegen friedlicher Tweets ist die jüngste Manifestation der rücksichtslosen Unterdrückungsmaschinerie von MBS. Genau wie die Ermordung von Khashoggi soll ihre Verurteilung Schockwellen innerhalb und außerhalb des Königreichs auslösen. Wagen Sie es, MBS zu kritisieren, und Sie werden am Ende zerstückelt oder in saudischen Kerkern landen.“

Salma El-Shehab berichtete über diverse Verletzungen ihrer Rechte und ihrer Würde während ihrer Haft, die das Gericht nicht berücksichtigte.

Twitter lehnt eine Äußerung zu dem Fall Salma El-Shehab ab

Twitter lehnte es ab, sich zu dem Fall zu äußern. Außerdem antworteten sie nicht auf Fragen des „Guardian“, welchen Einfluss Saudi-Arabien auf das Unternehmen hat. Das Königreich gehört nämlich zu den bedeutenden Investoren von Twitter. Dies wäre insofern wichtig zu klären, da die Möglichkeit besteht, dass El-Shehab über die Meldung eines Twitter-Users an eine Saudische Überwachungs-App ins Visier der Saudischen Behörden geraten ist.  

Auf ihrer Twitter-Seite habe El-Shehab einen angehefteten Tweet eines Gebets, in dem sie um Vergebung bittet, wenn sie jemals gegen das Recht eines anderen Menschen verstoßen hat, ohne es zu wissen und Gott bittet, ihr zu helfen, der Ungerechtigkeit abzuschwören und denen zu helfen, die sich ihr stellen.

Der Tweet ende mit „Freiheit für politische Gefangene und für jede unterdrückte Person auf der Welt“.

Das fordern und wünschen wir auch für Salma El-Shehab.

Salma El-Shehab