Neue Studie: Migrationshintergrund hat keinen großen Einfluss auf den Bildungserfolg
Eine neue Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (ifo) zeigt, dass der Migrationshintergrund kein maßgeblicher Faktor für den Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen ist.
Bildungs- und nicht Migrationshintergrund der Eltern ist Faktor mit dem größten Einfluss
Die Studienergebnisse zeigen, dass 75,3 Prozent der Kinder ein Gymnasium besuchen, wenn beide Elternteile das Abitur gemacht haben. Hat nur ein Elternteil Abitur, sind es immerhin noch 57,9%. Wenn kein Elternteil die Hochschulreife erlangt hat, sinkt die Zahl auf 28,2%.
„Das dürfen wir nicht hinnehmen…Kein Kind sucht sich aus, in welches Umfeld es geboren wird. Aber jedes Kind soll sich entscheiden können, welchen Lebensweg es wählt. Das Aufstiegsversprechen in unserem Land muss wieder mit Leben gefüllt werden.“, so die Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) bei der Vorstellung der Daten.
Deutschlands Bildungssystem gilt im internationalen Vergleich als besonders ungerecht. Hier sind die Aufstiegschancen von Kindern aus bildungsfernen Familien sehr schlecht. Die aktuelle Studie unterstreicht dies nun nochmal.
Einkommen der Eltern spielt signifikante Rolle
Ludger Wößmann, Leiter der Studie und des ifo-Zentrums für Bildungsökonomik ist durch die Studie zum Ergebnis gekommen, dass Bildung und Einkommen der Eltern die entscheidenden Faktoren für die Bildungschancen von Kindern in Deutschland darstellen. Der Migrationshintergrund ist dabei weniger bedeutend.
Wenn beispielsweise beide Elternteile ein Abitur und ein Haushaltsnettoeinkommen über 5500 Euro monatlich haben und ihre Kinder gemeinsam erziehen, ist es nahezu unerheblich für den Besuch des Kindes am Gymnasium, ob die Eltern einen Migrationshintergrund haben oder nicht. Bei denen mit Migrationshintergrund ist die Wahrscheinlichkeit sogar höher (80,6% bei Kindern mit Migrationshintergrund und 80,3% bei Kindern ohne).
Bei Kindern mit Eltern ohne Abitur und einem Haushaltsnettoeinkommen unter 2600€ pro Monat sieht es viel schlechter aus. Hier schaffen es nur 21,3% der Kinder mit Migrationshintergrund auf das Gymnasium. Bei Kindern ohne Migrationshintergrund sogar nur 21,1%. In der aktuellen Studie hat man Migrationshintergrund so definiert, dass mindestens ein Eltern- oder Großelternteil nicht durch Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.
Das Einkommen hat dabei einen besonderen Einfluss. Selbst bei alleinerziehenden Eltern mit Migrationshintergrund und ohne Abitur steigt die Chance auf den Gymnasialbesuch mit dem Einkommen enorm. Im unteren Einkommensviertel liegt die Chance bei 21,1%, im obersten Einkommensviertel bei 39,7%. Außerdem sind die Bildungschancen von Mädchen um 6,9% höher als bei Jungen.
Studie hilft „gefühlte Wahrheiten zu zertrümmern“
Der Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Bildungsausschusses Kai Gehring findet, dass die Studie hilft, „gefühlte Wahrheiten zu zertrümmern“. Selbst Studienleiter Wößmann ist überrascht von der Klarheit der Ergebnisse. In Deutschland hängt der Bildungserfolg also ganz stark davon ab, in welche Familie das Kind hineingeboren wird.
Das Forschungsteam hat ebenso geeignete Maßnahmen gegen die aktuelle Situation vorgestellt. Dazu gehört das frühkindliche Bildungs- und Nachhilfeangebot für benachteiligte Kinder auszubauen. Außerdem sollten Familien benachteiligter Kinder bei der Erziehung unterstützt werden. Man sollte auch versuchen, die besten Lehrkräfte durch Anreize an Schulen mit vielen benachteiligten Kindern zu bringen. Hinzu kommt, dass die frühe Aufteilung auf weiterführende Schulen nicht zielführend sei. In den meisten Bundesländern wechseln die Schüler nach der vierten Klasse in die Oberschule.
„Im internationalen Vergleich belegt die Forschung, dass die frühzeitige Aufteilung auf weiterführende Schulen die Ungleichheit bei den Schülerleistungen erhöht, ohne das Leistungsniveau zu verbessern.“, so die aktuelle Studie.
Zu Vergleichszwecken hat man die Daten von 2009 und 2019 miteinander verglichen. Das Ergebnis zeigt, dass sich in den letzten zehn Jahren nichts an der Ungleichheit der Bildungschancen geändert hat.
Die gefühlte Wahrheit von der Herr Gehring spricht, dass Kinder mit Migrationshintergrund automatisch schlechter in der Schule abschneiden und das aufgrund ihrer Herkunft stimmt also nicht. Gerade um die zukünftigen Probleme der Gesellschaft zu lösen, ist es umso wichtiger, die Ergebnisse solcher Studien ernst zu nehmen und geeignete Maßnahmen durchzusetzen. Schließlich sollte Deutschland bei dem aktuellen Fachkräftemangel auch daran denken, wie sie am besten die Fachkräfte im eigenen Land schaffen kann.