Lehrerinnen mit Kopftuch dürfen an Berliner Schulen unterrichten

Lehrerinnen mit Kopftuch dürfen an Berliner Schulen unterrichten

Das Land Berlin hebt das Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen auf. Lediglich in bestimmten Einzelfällen soll noch ein Verbot gelten. Diese Nachricht stößt wie erwartet nicht nur auf freudige Reaktionen.

Verbot gilt nur noch, wenn Lehrerinnen mit Kopftuch verbal für ihren Glauben werben und damit den Schulfrieden gefährden

Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes im Februar dieses Jahres gegen eine Verfassungsbeschwerde des Landes Berlin gegen ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Kopftuchverbot, musste nun das Land Berlin das Neutralitätsgesetz ändern. Dies bedeutet, dass in Zukunft muslimischen Lehrerinnen das Tragen des Kopftuches nicht ohne weiteres verboten werden darf. In einem Schreiben an alle Schulleiterinnen und Schulleiter der allgemeinbildenden Schulen hat die Senatsbildungsverwaltung angekündigt, dass sie von ihrer bisherigen „wortgetreuen Anwendung des Neutralitätsgesetzes abrücken“ werde. 

Sollte jedoch konkret die Gefährdung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität gegeben sein, so werden sie das Tragen religiöser Symbole verbieten.

„Solange die Lehrkräfte, die nur ein äußeres Erscheinungsbild an den Tag legen, nicht verbal für ihre Position oder für ihren Glauben werben und die Schülerinnen und Schüler über ihr Auftreten hinausgehend zu beeinflussen versuchen, wird deren negative Glaubensfreiheit grundsätzlich nicht beeinträchtigt“, so das Bundesverfassungsgericht.

Die in dem Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit müsse auch gelebt werden dürfen

In dem Schreiben heißt es weiter, dass es zu den Aufgaben der Schulen gehört, „den Schülerinnen und Schülern Toleranz auch gegenüber anderen Religionen und Weltanschauungen zu vermitteln, da Schule offen zu sein hat für christliche, für muslimische und andere religiöse und weltanschauliche Inhalte und Werte“. Dieses Ideal müsse auch gelebt werden dürfen.

Außerdem hätten die Erfahrungen anderer Bundesländer gezeigt, dass die religiöse Kleidung nicht zu erheblichen Konflikten an Schulen geführt hat. Das Tragen des Kopftuches einzelner Lehrerinnen führe nach dem Bundesverfassungsgericht nicht dazu, dass der Staat sich mit einem bestimmten Glauben identifiziert und damit die staatliche Neutralitätspflicht beeinträchtigt wäre.  

Diverse Schulleitungen kritisieren die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes

Dieser Entscheid kommt gerade passend. In Zeiten von Lehrermangel, kann das Land Berlin jede kompetente Lehrkraft gebrauchen. Bis zum Sommer muss Berlin nämlich 3000 Lehrkräfte neu einstellen.

Jedoch warnen bereits die ersten Schulleitungen vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes.

„Das Neutralitätsgesetz war letztlich ein Filter, um eine mögliche direkte Einflussnahme durch weibliche Lehrkräfte mit sichtbarem muslimischem Kleidungsstil abzuwehren“, lautet die Einschätzung des Neuköllner Schulleiters Detlef Pawollek. Er finde, dass eine Überführung „religiöser Brandstifter“ nur eine abstrakte Größe und in der Realität nicht leistbar sei.

„Das offensive Tragen religiöser Symbole gibt der Religion in der Schule eine Bedeutung, die per se den Schulfrieden gefährdet“, findet gar Ronald Rahmig, der für die Schulleitungen berufsbildender Schulen spricht.

Ein anderer Kritikpunkt, ist das durch das Tragen des Kopftuches der Lehrerinnen, das religiöse Mobbing von muslimischen Mädchen, die kein Kopftuch tragen wollen, steigen würde. Sie wären dann dadurch gezwungen, aufgrund sozialen Drucks das Kopftuch anzuziehen.

Die selben Kritiker haben sicherlich nichts gegen die geschlechtersensible Bildung und Genderindoktrination. Diese stellen keine Probleme dar. Man fordert eine absolute Toleranz für jeden Lebensstil, naja nur nicht für die Frau mit Kopftuch. Sie ist stets unterdrückt und gefährdet pauschal den Schulfrieden. Das hier sozialer Druck entsteht, das Kopftuch deswegen abzulegen, erwähnen die Kritiker nicht. Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes scheint doch noch ein klein Fünkchen Hoffnung da zu sein.

Lehrerinnen

 

Neutralitätsgesetz – Diskriminierung gegenüber Frauen mit Kopftuch

Neutralitätsgesetz – Diskriminierung gegenüber Frauen mit Kopftuch

Das Neutralitätsgesetz ist laut der vom Berliner Senat eingesetzten Expertenkommission eine systematische und institutionalisierte Diskriminierung gegenüber Frauen mit Kopftuch.

Neutralitätsgesetz ist ein Beispiel für antimuslimischen Rassismus

Der Berliner Senat setzte nach dem Anschlag von Hanau eine Expertenkommission zu antimuslimischem Rassismus ein. Die Experten der Kommission üben in ihrem Abschlussbericht starke Kritik gegenüber das seit 2005 bestehende Neutralitätsgesetz aus. Dieses Gesetz verbietet das Tragen religiöser Symbole in Teilen des öffentlichen Dienstes, insbesondere in der Justiz und im Bildungswesen. Laut der Expertenkommission diskriminiert das Gesetz vor allem Frauen mit Kopftuch und ist somit ein praktisches Beispiel für antimuslimischen Rassismus.

Die Kommission kritisiert auch die Polizei und den Verfassungsschutz

In dem Abschlussbericht kritisieren die Experten, dass die Polizei bei der Aufnahme von Straftaten antimuslimische Motive viel zu oft übersehen, sie nicht als antimuslimisch verstehen oder sie einfach ignorieren. Als Lösung nennen sie eine ständige Fortbildung für die Beamten und auch entsprechende Leitfäden, ähnlich wie es bereits für antisemitische Straftaten gibt.   

Auch der Verfassungsschutz steht in dem Abschlussbericht in keinem guten Licht da. So kritisiert die Expertenkommission, dass der Verfassungsschutz in einer Art Vorverurteilung muslimische Personen und Organisationen beobachtet. Deswegen fordern sie, dass der Verfassungsschutz transparenter arbeiten muss. Sie sollen erklären, wen sie beobachten und aus welchem Grund sie das tun. Hinzu kommt, dass ein Sonderbeauftragter für Rassismuskritikeingesetzt werden sollte, der prüft, ob bei der Beobachtung des Verfassungsschutzes Ansätze rassistischer Tendenzen erkennbar sind.

Außerdem kritisiert die Expertenkommission, dass islamistischer Extremismus häufig mit dem Islam gleichgesetzt wird. Dies erschwert es den Gemeinden und Vereinen Fördergelder zu erhalten oder an Projekten teilzunehmen.

Nicht nur Muslime sind Opfer von antimuslimischem Rassismus

Viele Menschen verbinden mit dem Islam ein bestimmtes äußeres Erscheinungsbild. Dabei denkt man oft das Muslime nicht europäisch sein können und alle aus dem nahen Osten stammen. Dementsprechend werden Menschen aus dieser Gegend, selbst wenn sie keine Muslime sind, als solche wahrgenommen und auch so behandelt. Dies führt dazu, dass sie auch Opfer von antimuslimischem Rassismus werden.

Erkenntnisse der Expertenkommission müssen ernst genommen werden

Justizsenatorin Kreck bedankte sich bei dem Gremium für den Bericht und versprach, dass man “die Anstrengungen zur Bekämpfung des antimuslimischen Rassismus verstärken und die Prävention ausbauen” werde. Jedoch darf dies nicht nur ein leeres Versprechen sein, um die Muslime für eine kurze Zeit zu beruhigen. Die Erkenntnisse der Expertenkommission zeigen eigentlich nur das, was viele Muslime schon längst wissen und am eigenen Leib tagtäglich erleben. Umso wichtiger ist es den Ernst der Lage zu erkennen und tatsächlich zu handeln.

Es geht nicht von der Freiheit der Religionsausübung zu sprechen und im gleichen Atemzug Frauen mit Kopftuch zu verbieten beispielsweise als Lehrerin zu arbeiten. Und die Neutralität, die man sich durch solch ein Gesetz erhofft, ist sowieso nur eine Wunschvorstellung. Neutralität sollte in dem Verhalten und dem Ausüben des Berufes angestrebt werden und nicht in dem Aussehen. So kann eine Frau mit Kopftuch genauso neutral sein, wie ein Mann mit Schlips und Krawatte voreingenommen sein kann. 

In Anbetracht der Ergebnisse der Expertenkommission und Zeiten in denen immer mehr Fachkräfte, vor allem Lehrer, fehlen, sollte das Neutralitätsgesetz abgeschafft werden.

Neutralitätsgesetz