Jeden Tag tönt es in den “Qualitätsmedien”, dass man wegen dem teuflischen Putin und dem russischen „Angriffskrieg“ Nord Stream 2 schon aus moralischen Gründen nicht öffnen dürfe, auch wenn die deutsche Wirtschaft unter den Sanktionen ächzt und zugrunde zu gehen droht. Doch die Antwort der deutschen Außenpolitik ist, machen wir eben mit einem anderen “Diktator” Geschäfte.
Der heutige Besuch des deutschen Bundeskanzlers Scholz in Saudi-Arabien und sein Treffen mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman müssten eigentlich dem letzten gläubigen BLÖD-Zeitungsleser die Doppelmoral und Verlogenheit der westlichen Politik vor Augen führen.
Sieht so die angeblich auf Menschenrechten basierende Außenpolitik der Bundesregierung aus? Denn im Gegensatz zu Putin kann dem saudischen Kronprinzen immerhin de facto ein Auftragsmord nachgewiesen werden. Von türkischen Erkenntnissen aus der Überwachung des Konsulats, über die Ergebnisse einer UN-Untersuchung bis hin zu Abhörergebnissen der befreundeten US-Dienste sprechen alle Indizien dafür, dass bin Salman persönlich den brutalen Mord am saudischen Journalisten Khashoggi angeordnet und der Geheimdienst ihn ausgeführt hat.
Weiterhin führt Saudi-Arabien seit 2015 einen Angriffskrieg im Jemen, bombardiert Krankenhäuser und Infrastruktur und setzt den Hunger als Kriegswaffe ein. Die UNO spricht von der größten humanitären Katastrophe der Nachkriegszeit; deutsche Medien berichten de facto nicht darüber, ist doch Saudi-Arabien ein wichtiger US-Verbündeter in der Region.
Was bestimmt, was gut oder schlecht ist?
Und für die USA und ihre Verbündeten gelten in der „regelbasierten Weltordnung“ immerhin andere Maßstäbe. Der frühere Regierungssprecher Seibert machte dies bei einer Pressekonferenz deutlich. Er erklärte, dass die deutsche Bundesregierung den saudischen Militäreinsatz für legitim halte, da es einen Hilferuf des ehemaligen Präsidenten Hadi gab. Dieser Logik zufolge hätte Putin schon 2014 das Recht gehabt, die ganze Ukraine zu besetzen, da es einen Hilferuf des legitimen Präsidenten Janukowitsch gab. Man dreht sich die Dinge eben so zurecht, wie man sie gerade braucht.
Was lernen wir daraus? Warum ist russisches Gas und Öl moralisch verwerflich und warum saudisches moralisch gut und einwandfrei? Anders gefragt: Wann ist etwas moralisch gut und wann verwerflich? Nun das richtet sich offenbar danach, ob etwas den US-Interessen dient oder nicht. Handelt ein Staat gegen die US-Interessen, dann ist es ein „Regime“ („Mullah-Regime“, „Assad Regime“ – schon einmal die Formulierung „saudisches Regime“ in der deutschen Glotze gehört?), eine „Autokratie“ oder „Diktatur“ und gehört damit zu den „Bösen“, die man abstrafen muss.