Eine Neuregelung in den Niederlanden soll die aktive Sterbehilfe für unheilbare kranke Kinder ermöglichen.

Neue Regelung zur Sterbehilfe betrifft nur eine kleine Gruppe von Kindern

Kinderärzte in den Niederlanden fordern seit langem solch ein Gesetz. Die Regierung in Den Haag teilte kürzlich mit, dass diese Neuregelung nur eine „kleine Gruppe“ von fünf bis zehn Kindern unter zwölf Jahren pro Jahr betrifft, “bei denen die Möglichkeiten der Palliativmedizin nicht ausreichen, um ihr Leiden zu lindern”. Dabei handelt es sich um Kinder, “die an einer so schweren Krankheit oder Störung leiden, dass der Tod unvermeidlich und in absehbarer Zeit zu erwarten ist”, erklärte der niederländische Gesundheitsminister Ernst Kuipers. Die Sterbehilfe soll dementsprechend dann ermöglicht werden, “wenn es die einzige vernünftige Alternative für einen Arzt ist, das verzweifelte und unerträgliche Leiden des Kindes zu beenden”, schrieb Kuipers in einem Brief an das Parlament. Nach Angaben der Regierung, soll die neue Regelung noch in diesem Jahr in Kraft treten.

Kinder, die älter als zwölf Jahre sind, können bereits in den Niederlanden Sterbehilfe beantragen. Bis zum Alter von 16 Jahren brauchen sie aber zusätzlich noch die Zustimmung der Eltern. Auch für Babys unter einem Jahr ist Sterbehilfe, mit der Zustimmung der Eltern, legal.

Belgien ist in diesem Bereich bereits Vorreiter. Das Nachbarland der Niederlande verabschiedete bereits 2014 als weltweit erstes Land ein Gesetz, das Sterbehilfe bei Kleinkindern erlaubt, allerdings nur mit der Zustimmung des Kindes. Sowohl Belgien als auch die Niederlande waren weltweit die ersten Länder, die im Jahre 2002 die Sterbehilfe legalisierten. Einem Kind die Last der Entscheidung aufzubürden, ob es leben oder sterben möchte, ist jedoch ziemlich problematisch.  

Kritik an dem Gesetz vor allem von christlich geprägten Parteien

In den Niederlanden ist dieses neue Gesetz nicht unumstritten. Vor allem zwei christlich geprägte Parteien der Regierung widersetzten sich. Patientenschützer warnen vor schleichender Gewöhnung bei der Sterbehilfe jeden Alters. Statt den Einsamen und Kranken Hilfen anzubieten, werde die Tötung zur Normalität. Die anfangs „extremen Ausnahmen“, wie oben beschrieben, entwickeln sich mit der Zeit zu normalen Sterbemethoden, so die Kritiker. Auch die Gründe für eine Sterbehilfe haben sich ausgeweitet. Ist laut Gesetz eine aktive Sterbehilfe nur bei schweren, unheilbaren und unerträglichen Krankheiten zugelassen, akzeptieren Ärzte inzwischen auch eine „Lebensmüdigkeit“ oder eine Vielzahl an Altersgebrechen. Die Wahrscheinlichkeit, dass mit der Zeit die Gründe für eine Sterbehilfe auch bei Kleinkindern ausgeweitet werden ist also gegeben.  

Die Zahl der Menschen, die durch Sterbehilfe ihr Leben beendet haben, ist in den Niederlanden im Jahre 2021 um rund 10% auf 7.666 Menschen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Diese machten 4,5% aller Todesfälle in den Niederlanden aus.

“Die Niederlande zeigen mit diesem Schritt, dass sich eine Gesellschaft mit der organisierten Tötung von Menschen arrangieren kann”, sagte Vorstand Eugen Brysch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

“Der gesellschaftliche Gewöhnungseffekt stärkt nicht die Hilfe und den Beistand für kranke und lebensmüde Menschen”, so Brysch. “Vielmehr führt der Einstieg zum organisierten Angebot auf Tötung immer zu einer Ausweitung.”

Aktive Sterbehilfe in Deutschland untersagt

Bislang ist eine aktive Sterbehilfe in Deutschland untersagt. Dies könnte sich aber bald ändern. Denn das Bundesverfassungsgerecht hat in einem Urteil zur Suizidbeihilfe vom Februar 2020 ein weitreichendes Grundrecht auf einen selbstbestimmten Tod und dabei auch das Recht auf Hilfe Dritter formuliert. Dies stellt laut Kritikern nur noch eine hauchdünne Grenze in Richtung aktiver Sterbehilfe dar. Deutschland muss deshalb die Entwicklung in den Nachbarländern genau verfolgen, um keine falschen und voreiligen Entscheidungen zu treffen.

Die aktive Sterbehilfe ist sicherlich für viele, gerade für betroffene Personen, ein sehr sensibles und heikles Thema. Für religiöse Menschen, die an die Heiligkeit des Lebens glauben, steht es meist außer Frage, das Leben aktiv selbst zu beenden. Auch der Islam verbietet die aktive Sterbehilfe.   

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