„Ein Verbündeter zu sein heißt nicht, ein Vasall zu sein.“ Bei solchen Aussagen des französischen Präsidenten Macron in den letzten Tagen verstehen viele deutsche Politiker (wie Norbert Röttgen) offenbar die Welt nicht mehr. Da steht doch tatsächlich jemand nicht bedingungslos als Vasall an der Seite der USA zur Verfügung – ganz gleich welches Land die Amis gerade ins Visier nehmen. Für viele deutsche Politiker, die von einer „Führungsrolle in der Dienerschaft“ (Habeck) gegenüber den USA träumen, ist dies einfach unglaublich, sodass sie ihrer Empörung lauthals Ausdruck verleihen. Die deutschen „Qualitätsmedien“, von transatlantischen Netzwerken durchsetzt, stehen unterstützend zur Seite, um jeden Gedanken an Souveränität im Keim zu ersticken.

Dabei hat Macron nur erkannt, dass Europa nur Bestand haben wird, wenn es sich angesichts der zahlreichen US-Angriffskriege in den letzten Jahrzehnten nicht zu einem wirtschaftlich und politisch von den USA abhängigen Vasallen wird, sondern eine eigenständige und unabhängige Position einnimmt.

Führende US-Politiker machten immer wieder deutlich, dass die USA alles unternehmen werden, um das Aufkommen einer anderen Weltmacht zu verhindern. George W. Bush etwa forderte mit seinem Konzept der „Präemptiv-Kriege“, dass die USA jede (!) Macht, die mit den USA gleichziehen könnten, im Vorfeld militärisch ausschalten müssten. Das gilt nicht nur für China und Russland, sondern zukünftig auch für Indien oder andere Staaten. Und es gilt auch für die Europäische Union, wenn sie von den USA nicht nur ökonomisch als Konkurrent wahrgenommen werden würde.

Marschiert Europa in den nächsten Krieg?

Das Eintreten für europäische Souveränität läge somit im ureigenen europäischen Interesse. Momentan steht freilich China im Zentrum der amerikanischen „Aufmerksamkeit“. Als Obama nach der angeblichen Tötung bin Ladens den „Krieg gegen den Terror“ für beendet erklärte, sprach er im gleichen Atemzug davon, dass die USA nun zur „Eindämmung“ Chinas militärisch nach Asien verlagern würden. Seitdem rüsten die USA hier militärisch gewaltig auf. Ende Januar äußerte US-General Mike Minihan, dass sich die USA bereits 2025 im Krieg mit China befinden würden.

Der Kriegsanlass könnte Taiwan sein. Wie üblich wird die Intervention mit dem Eintreten für Demokratie und Menschenrechte (bzw. für das demokratische Taiwan) begründet. Man fragt sich, ob Politiker wie Norbert Röttgen wirklich so naiv sind und dies glauben. Der ehem. US-Botschafter in Deutschland, John Kornblum, machte ihm schon einmal in einer Talkshow klar, dass Staaten keine Freunde, sondern Interessen haben.

Macron ist sich jedenfalls darüber im Klaren, was das für die Europäer bedeutet: Sie würden in einen Konflikt mit China hineingezogen werden. Deshalb betonte er jetzt während seines China-Besuches, dass sich Europa nicht länger in die US-Kriege einmischen solle. Die deutsche politische Elite wird seit dem Ende des 2. Weltkrieges von Washington aus gesteuert. Wenn sich das nicht ändert, droht Deutschland in neue Kriege und letztlich ins Verderben zu geraten.