Israel greift wieder ein Krankenhaus an. Deutschland spricht weiter davon, dass sich Israel ans Völkerrecht hält. In der Nacht zum Mittwoch wurde das al-Awda-Krankenhaus in Jabalia im Norden des Gazastreifens bei einem israelischen Luftangriff getroffen. Dabei kamen mindestens vier Menschen ums Leben, darunter medizinisches Personal. Die Angriffe trafen ebenfalls Zeltlager für Vertriebene. Der Angriff reiht sich ein in eine Serie von massiven Luftschlägen, die allein in der letzten Nacht mindestens 27 Palästinenser das Leben kosteten.
Seit Beginn des Krieges am 7. Oktober 2023 sind mittlerweile weit über 60.000 Menschen in Gaza getötet worden, darunter Zehntausende Frauen und Kinder. In den vergangenen Tagen stieg die Zahl der Opfer weiter rasant an: Allein seit Sonntag wurden über 150 Menschen getötet. Die Realität ist, dass täglich um die 100 Menschen ihr Leben durch israelische Angriffe verlieren.
UN-Organisationen werfen dem israelischen Militär vor, gezielt auf die Zivilbevölkerung abzuzielen, insbesondere durch die Zerstörung medizinischer Infrastruktur und die Blockade von Lebensmittellieferungen. UN-Generalsekretär António Guterres sprach von einer „kollektiven Bestrafung“ und nannte das Aushungern der Bevölkerung eine „unmenschliche Kriegsführung“. Der ehemalige EU-Außenbeauftragte Josep Borrell äußerte sich auf das Vorgehen Israels, indem er der Regierung vorwarf in Gaza einen Völkermord zu begehen und „die größte ethnische Säuberungsaktion seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs durchzuführen, um ein prächtiges Urlaubsziel zu schaffen“.
International werden immer mehr Stimmen laut, die Israel vorwerfen, keine politische Lösung anzustreben, sondern gezielt auf Vertreibung und systematische Vernichtung der Lebensgrundlagen der Palästinenser hinzuarbeiten. Auch die vom Westen vertretene „Zwei-Staaten-Lösung“ wird weder von Israel angestrebt, noch wird sie international ernst genommen. In den USA wurde Ben Cohen, Mitbegründer von Ben & Jerry’s, bei einer Protestaktion im US-Senat festgenommen. Er hatte öffentlich die israelischen Kriegsverbrechen angeprangert und wurde von der Polizei aus der Senatsanhörung entfernt.
Während weltweit Proteste zunehmen, bleibt Deutschlands Haltung starr. Trotz des Regierungswechsels setzt Berlin seine Waffenlieferungen an Israel fort. Die Rüstungsexporte wurden zuletzt sogar ausgeweitet. Zudem traf Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Dienstag den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu in Tel Aviv und rechtfertigte den Besuch mit dem Wunsch nach einer „friedlichen Lösung“. Kritiker werfen ihm jedoch vor, mit seinem Besuch dem international zunehmend isolierten Netanjahu den Rücken zu stärken.
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz äußerte unterdessen, dass ein Besuch Netanjahus in Deutschland auch bei Ausstellung eines internationalen Haftbefehls „möglich sein sollte“. Er sagte ebenfalls, dass man für den Fall eines Besuchs „Mittel und Wege finden werde, dass er Deutschland besuchen und auch wieder verlassen kann, ohne dass er in Deutschland festgenommen worden ist“. Diese Aussage wirft erneut ein Schlaglicht auf den Widerspruch zwischen dem deutschen Anspruch, Menschenrechte und das Völkerrecht zu achten, und der faktischen Unterstützung eines militärischen Vorgehens, das unter Experten als völkerrechtswidrig gilt.
Die Rhetorik und das Handeln der deutschen Politik sorgen auch in der Gesellschaft für immer mehr Unverständnis und Unzufriedenheit. Einige Menschenrechtsorganisationen fordern ein Umdenken – sowohl in Bezug auf Waffenlieferungen als auch in der Bewertung des menschlichen Leids in Gaza.