Die Abkoppelung von Washington schreitet im Nahen und Mittleren Osten rasant voran. Während sich deutsche Politiker der etablierten Parteien als tributpflichtige Vasallen der USA gefallen und nicht verstehen können, dass andere Staaten nach Souveränität streben, macht die derzeitige Entwicklung in zahlreichen Regionen deutlich, dass die Zeit des US-amerikanischen Unilateralismus zu Ende geht.

Zu Denken gibt Washington inzwischen die Rolle, die China dabei spielt. Die chinesische Vermittlung ermöglichte am 10. März 2023 ein Abkommen zwischen Iran und Saudi-Arabien, die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen wiederaufzunehmen. Anfang Mai zitierte die libanesische Tageszeitung al-Akhbar einen saudischen Regierungsverantwortlichen. Laut dem Regierungsverantwortlichen hoffe Riad „bald“ einen Dialog mit der Hisbollah aufzunehmen.

Ein Gegenpol formiert sich

Der Beitritt Irans zur Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (Shanghai Cooperation Organisation, SCO) biete dem Land gute Kooperationsmöglichkeiten in Asien. Auch strebt das Land einen Beitritt zur BRICS-Gruppe an. Mit Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Ägypten, Algerien und Bahrain haben weiterhin fünf arabische Staaten um Aufnahme gebeten. Bereits die derzeitigen fünf BRICS-Staaten werden die »G7« nach dem Internationalen Weltwährungsfonds (IWF) bald mit ihrem Beitrag zum globalen Wachstum übertreffen. Die BRICS-Staaten sägen derzeit an dem Leitwährungsstatus des US-Dollar, weshalb die USA eine De-Dollarisierung befürchten müssen.

So drängt der brasilianische Präsident Lula darauf, dass die BRICS-Staaten zur Ablösung des US-Dollars als Leitwährung eine eigene Währung einführen sollen. Er unterstützt damit Chinas Kampf gegen die globale Dominanz der USA. Lula äußerte sich kürzlich bei einem Besuch der in Shanghai ansässigen Neuen Entwicklungsbank, einer Institution, die von den BRICS-Ländern gegründet wurde, zu denen neben Brasilien und China auch Russland, Indien und Südafrika gehören. Die ehemalige brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff ist die neue Chefin der Bank.

In Washington wächst der Unmut

Dass sich viele eng verbündete arabische Staaten nun den BRICS-Staaten annähern, sorgt in Washington für Unmut. Sie wenden sich zwar nicht gänzlich von Washington ab, entkoppeln sich aber in Reaktion auf die Herausbildung einer multipolaren Weltordnung politisch und wirtschaftlich zunehmend von Washington.

Seit letzten Sonntag ist Syrien wieder »vollwertiges Mitglied« der Arabischen Liga. Dies gab der Generalsekretär, Ahmed Abul Gheit, am Sonntag, nachdem die Außenminister von 13 der 22 Mitgliedstaaten des Bündnisses einen entsprechenden Entschluss gefasst hatten, bekannt. Auch dies gehört zu den neuen Dynamiken, die den Einfluss der US-Regierung in der Region weiter verringern. Die diesbezüglichen Regime-Change-Hoffnungen der USA müssen wohl begraben werden. Auch missachten immer weniger Staaten die Bestrebungen Washingtons zur Isolierung des syrischen „Regimes“.

Bild:  Syriens Präsident Assad (r.) begrüßt die Außenminister der arabischen Staaten (SANA)