Am 01. November fanden im vom Westen als „einzige Demokratie im Nahen Osten“ bezeichneten Israel zum fünften Mal in vier Jahren Parlamentswahlen statt. Das Ergebnis entspricht dem jüngst erneut eskalierendem, unterdrückerischem Vorgehen des Besatzungsstaates. Während das finale Ergebnis der Auszählungen erst morgen erwartet wird, zeigt sich bereits deutlich, dass die Partei „Religiöser Zionismus“ unter Führung von den Rechtsextremisten Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich voraussichtlich die drittgrößte Partei in der Knesset wird. Der rechte Block von Benjamin Netanjahu, der noch immer wegen Korruption angeklagt ist, erhielt die Mehrheit der Stimmen. Gefolgt von der Partei des amtierenden Premierministers, Yair Lapid. Die israelische Menschenrechtsorganisation B’tselem fand im Vorfeld zu den Wahlen bereits die entsprechende Bewertung: „Das ist keine Demokratie. Das ist Apartheid.“
Höchste Wahlbeteiligung seit 2015, aber Palästinenser dürfen nicht wählen
Die Wahlbeteiligung sei die Höchste seit 2015 gewesen. Die Abstimmung unter den palästinensischen Bürgern hingegen die Niedrigste in den letzten 20 Jahren. Hierbei muss man erwähnen, dass nur wenige palästinensische Israelis wählen dürfen und von diesen wiederum viele die Wahlen boykottieren. Während Israelis in den seit 1967 offiziell illegal besetzten palästinensischen Gebieten ihr Wahlrecht ausüben dürfen, ist es den rund 5,5 Millionen Palästinensern dort nicht einmal erlaubt zu wählen. Sie werden politisch nicht repräsentiert. Ihre Rechte spielen keine Rolle im Wahlkampf, währenddessen ihr gesamtes Leben von der Besatzungsmacht eingeschränkt wird. Es zeigte sich abermals deutlich, dass ein sehr gewaltbereiter, feindlicher Kurs gegenüber den Palästinensern und ihren Unterstützern zu Wahlerfolgen führt. Die Besatzungsmacht forderte sogar alle israelischen Waffenbesitzer auf, zu den Parlamentswahlen und darüber hinaus ihre Waffen mit sich zu tragen. Somit erklärten sie indirekt alle Andersdenkenden für vogelfrei.
Parlamentswahlen finden in dem tödlichsten Jahr für Palästinenser seit Beginn der Aufzeichnungen statt
So fanden die Wahlen auch inmitten der jüngsten Wellen der Gewalt statt. Die Norwegische Flüchtlingshilfe klärt mit den folgenden Daten auf: Das israelische Militär hat im besetzten Westjordanland, seit es seine neue Operation am 31. März gestartet hat, 118 Palästinenser getötet. Darunter sind mindestens 29 Kinder unter 18 Jahren. Diese Zahl macht 2022 zum tödlichsten Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen für Palästinenser in der West Bank. Unzählige Verletzte und Inhaftierte kommen hinzu.
Ferner haben israelischen Behörden in den ersten 10 Monaten des Jahres 2022, 697 Gebäude im Westjordanland abgerissen, darunter Häuser, zivile Infrastruktur und landwirtschaftliche Einrichtungen. Diese Handlungen stellen Verletzungen des internationalen Völkerrechts dar.
In Gaza, das seit 15 Jahren unter israelischer Belagerung steht, wurden im August mindestens 48 Palästinenser während einer dreitägigen Eskalation der Feindseligkeiten zwischen israelischen Streitkräften und dem Palästinensischen Islamischen Dschihad (PIJ) getötet. Dieser Teufelskreis der Gewalt in den besetzten palästinensischen Gebieten wird nicht aufhören, solange Israel seine Besatzung nicht beendet. Doch Israels aktuelle Wahlergebnisse prognostizieren erneut keinen Weg dahin. Im Gegenteil. Eine Koalition zwischen der Partei Netanjahus und den Religiösen Zionisten wäre noch offenkundiger in seiner Apartheidspolitik. Netanjahu stellte selbst in Aussicht, den verurteilten Rassisten, Itamar Ben-Gvir zum „Minister für öffentliche Sicherheit“ zu ernennen, sofern er die neue Regierung bilden würde.
USA steht in jedem Fall hinter Israel
Es gäbe Kritik an einer solchen Koalition vonseiten der USA und den VAE, jedoch wird sich Netanjahu sicher nicht davon einschüchtern lassen. Um Berichten, die eine mögliche politische Uneinigkeit zwischen Israel und den USA unterstellen, zu entkräften, sagte Joe Biden bereits jetzt: „Wir freuen uns darauf, weiterhin mit der israelischen Regierung an unseren gemeinsamen Interessen und Werten zusammenzuarbeiten.”
Jenes gemeinsame Interesse und jene gemeinsamen Werte fußen auf besetzten palästinensischen Gebieten und Generationen von Menschen, die mit dem geringsten Lebensstandard von der israelischen Besatzungsmacht unterdrückt werden. Wie jede Verletzung von Menschenrechten und des Völkerrechts muss man Israel für seine Taten zur Rechenschaft ziehen. Das Land, an dessen Spitze die Menschen angeklagte Kriminelle wählen, darf seine Gewalt nicht weiter anhand von Wahlergebnissen legitimieren.