Wie im Mai 2022 droht auch in diesem Monat Ramadan eine Eskalation der Lage in Palästina. In der zweiten Nacht hintereinander kam es auf dem Hügel mit dem Felsendom und der Al-Aqsa-Moschee, der hierzulande als Tempelberg bekannt, immer wieder zu gewalttätigen Übergriffen israelischer „Sicherheitskräfte“ auf Moscheebesucher. Im Monat Ramadan besuchen Zehntausende Gläubige die Al-Aqsa-Moschee. Wegen der neuen, extrem rechten Regierung in Israel galt die Situation in diesem Jahr schon im Vorfeld als noch labiler.

In der Nacht zum Mittwoch (5.4.23) hatten sich in der Altstadt von Al-Quds/Jerusalem ca. 80.000 Menschen zum Abendgebet versammelt. Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, berichteten Augenzeugen, dass die israelische Polizei vor dem Sonnenaufgang am Mittwoch Dutzende von Gläubigen in der Al-Aqsa-Moschee auf dem Tempelberg angegriffen hat und drang in die Moschee ein. Einige Stunden danach gingen Videoaufnahmen aus der Al-Aqsa-Moschee in sozialen Medien viral, die zeigten, wie vermummte israel. „Sicherheitskräfte“ mit Schlagstöcken auf am Boden liegende Menschen einprügelten. Dabei ist u.a. eine Frau zu hören, die immer wieder „O Gott“ ruft. Nach Angaben seines Sprechers Stephane Dujarric zeigte sich auch UN-Generalsekretär António Guterres “schockiert und entsetzt” über die Bilder israelischer Polizisten, die in der Moschee auf Palästinenser einschlagen. Besonders schockierend sei die Gewalt, weil sie sich zu einer Zeit ereigne, “die Juden, Christen und Muslimen heilig” sei und eine “Zeit des Friedens und der Gewaltfreiheit” sein sollte.

Eskalation gewollt?

Die Eskalation ist seit dem Amtsantritt der rechtsradikalen, von Netanyahu geführten Regierung absehbar. Eine Verschärfung des Kurses, weitere Repressionsmaßnahmen und Diskriminierungen waren von Anfang an geplant. Nun drohte der rechtsextreme „Sicherheitsminister“ Itamar Ben-Gvir, vorbestraft wegen rassistischer Hetze und Unterstützung einer (jüdischen) Terrororganisation, nach der Aussetzung der Justizreform mit Rücktritt und damit Netanyahus Koalition zu sprengen.

Um dem vorzubeugen, verkündete Netanyahu am Sonntag den Aufbau einer Nationalgarde, die natürlich in den Gebieten mit arabischer Bevölkerung eingesetzt werden soll. Ben-Gvir präsentierte in seinem Wohnzimmer ein Bild von Baruch Goldstein, einem radikalen Siedler, der 1994 in Hebron 29 Palästinenser beim Morgengebet ermordet hatte. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt im Januar ging er auf den Tempelberg und zur Al-Aqsa-Moschee.

Die Eskalation ist durchaus gewollt. Wenn jetzt – als Reaktion auf die Übergriffe der israel. Sicherheitskräfte – Raketen auf Israel abgefeuert werden, kann er die Repression in seinem Sinne verschärfen. In den westlichen Medien erfolgt die übliche Reaktion: Israel verteidige sich gegen die Raketenangriffe und habe das Recht auf Selbstverteidigung. Über die Ursachen schweigt man.

Wenn auch in anderen Ländern Rechtsextremismus verurteilt wird, so ist dies bei Israel nicht der Fall, denn das würde ja dann auch die Unsinnigkeit der deutschen Staatsräson – der uneingeschränkten Solidarität mit Israel (also auch wenn dort Faschisten an der Macht sind!) – deutlich machen. Lieber arbeitet die deutsche Regierung dann eben auch mit Rechtsradikalen zusammen.