Während bei den Waffenlieferungen an die Ukraine in Deutschland derzeit ein Tabu nach dem anderen fällt, nimmt man auch bei der Formulierung der Kriegsziele kaum mehr ein Blatt vor dem Mund. Am Anfang hieß es noch, dass es darum gehe, Verhandlungen zu ermöglichen, weshalb man der Ukraine helfen müsse, einem russischen Angriff standzuhalten. Die geforderte Lieferung von schweren Waffen begründen die kriegsgeilen Transatlantikern damit, dass man damit der Ukraine die Eroberung, der von Russland annektierten Gebiete (einschließlich der Krim) ermöglichen möchte. Dass dies eine ethnische Säuberung (v.a. der Krim) zur Folge hätte, wird von den „Menschenrechtlern“ stillschweigend mit einkalkuliert. Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter forderte am Dienstag bei „Maischberger“ die „Entkolonisierung der russischen Völker“ – die übliche schönfärberische Umschreibung für die Forderung nach der Zerschlagung der Russischen Föderation.

Schon 1991 meinte der damalige Pentagon-Chef Dick Cheney, dass es mit der «Demontage» der Sowjetunion nicht getan sei, sondern auch Russland müsse man „demontieren“. Ähnliche Überlegungen stellten auch Strategen wie Zbigniew Brzezinski, Berater mehrerer US-Präsidenten, und Brent Scowcroft an. Den Worten sollten bald Taten folgen. Zbigniew Brzezinski stellte in seinem Buch „Die einzige Weltmacht“ dar, wie man den Islam benutzen bzw. instrumentalisieren kann, um die Sowjetunion aufzubrechen. Die massive Unterstützung der Mujaheddin im Afghanistan-Krieg trug letztlich nicht unerheblich zum Untergang der UdSSR bei. Die dabei bewährte Saudi-US-Connection wurde anschließend in der Russischen Föderation fortgesetzt. Peter Scholl-Latour berichtete, wie Anfang der 1990er Jahre saudische Prediger und Kämpfer aus den Golfstaaten nach Tschetschenien und Tatarstan geschleust wurden, um die dortigen Muslime gegen die russische Zentralregierung aufzuwiegeln. Die traditionell dem Sufismus zugeneigten Muslime in Tschetschenen konnten sich erst nach mehreren Kriegen der wahhabitischen Prediger entledigen.

Geht es um Bodenschätze?

Nach dem direkten russischen Eingreifen in den Ukraine-Konflikt witterten die Strategen im Pentagon nun die Chance, dieses Vorhaben wieder anzugehen. Im einflussreichen US-Magazin The Atlantic und bei einer Tagung der amerikanischen Helsinki-Gruppe im vergangenen Frühling wurde unverblümt die «vollständige Freiheit für die Untertanen des russischen Imperiums» und eine «Entkolonisierung» gefordert. „Rund 100 Völker“ sollten endlich ihre Freiheit von Russland erhalten, so der Grundtenor. Die Gefahr, die ein Auseinanderbrechen der Föderation für den Weltfrieden angesichts des gigantischen nuklearen Potentials Russlands zur Folge hätte, interessiert diese Strategen nicht. Ihnen geht es einzig darum, sich den Reichtum der Bodenschätze Russlands anzueignen, den man leichter plündern kann, wenn das Land in kleine Teile zerlegt ist. Die Russische Föderation kämpft heute also tatsächlich um ihre Existenz.