Die Kaaba (“Kubus” bzw. “Würfel”) ist bekanntermaßen das zentrale Heiligtum des Islam. Im Islam gilt sie als das Haus Gottes (baitullah), das zum ersten Mal der erste Mensch (und Propheten) Adam (a.) erbaute, jedoch in Vergessenheit geriet, bevor Abraham (a.) und sein Sohn Ismael zu dieser Stelle geführt wurden und sie neu aufbauten. Sie markiert die Gebetsrichtung (qibla) und ist das Zentrum der Riten der Pilgerfahrt (hadsch).

Benötigt die Menschheit eine „neue Kaaba“? Wenn es nach den Plänen des saudischen Kronprinzen Muhammad bin Salman (MBS) geht, ist dies offenbar der Fall. Der saudische Kronprinz hat nun den Entwurf von Mukaab (der Würfel), dem neuen Stadtzentrum der Hauptstadt enthüllt.

Im Mittelpunkt des Stadtzentrums von Riad soll ein riesiger Kubus als neues Herz der Stadt entstehen, der 400 Meter hoch sein und bis 2030 fertiggestellt werden soll. Im Mukaab soll ein futuristisches Unterhaltungszentrum mit Kinos, Restaurants, Geschäften und Luxushotels entstehen, in dem die Besucher mit Holografie und virtueller Realität in Unterwasserwelten, Marslandschaften oder Schneegebirge mit fliegenden Drachen entführt werden.

Der formale Bezug zum Sakralbau in Mekka dürfte keinem der Planer entgangen sein – der Mukaab hat dieselbe geometrische Struktur wie die Kaaba, das Heiligtum der Muslime in Mekka, das die muslimischen Pilger bei der Hadsch umkreisen. Aus religiöser Sicht erscheint das Projekt höchst problematisch, denn es ist zu befürchten, dass dieses gigantische Projekt einer „neuen Kaaba“ auf unabsehbare Zeit die eigentliche Kaaba mit ihrer religiösen Bedeutung in den Schatten stellt. Die „neue Kaaba“ ist nicht nur weitaus gigantischer als die Kaaba in Mekka, sie wird bis zu ihrer Fertigstellung und darüber hinaus die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. MBS will die Zahl der Touristen in seinem Land verfünffachen.

Heiligtum des Kapitalismus

Der Unternehmensberater Sami Hamdi bezeichnet den Mukaab als die „neue Kaaba der Unterhaltung“. Hamdi zufolge verfolgt der Kronprinz seit Längerem das Ziel, die Rolle der Religion im Land zurückzudrängen. Vor vier Jahren war MBS auf das „Dach“ der Kaaba in Mekka geklettert, was in religiösen Kreisen Unmut auslöste.

Der Journalist Murtaza Hussein bezeichnete die geplante Mukaab als eine „neue Kaaba des Kapitalismus“. Das ist vielleicht treffender, denn MBS baut seine Luxushotels und Geschäfte für Reiche als einen Tempel, in dem man die Götzen des Geldes und Materialismus huldigt. 

Bild: Entwurf des geplanten Mukaab.