Bei der Lieferung des Flugabwehrpanzers „Gepard“ an die Ukraine hatte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht im Bundestag noch behauptet, dass der Flugabwehrpanzer Gepard gar kein Panzer sei, weil er „ein Rohr“ habe und in die „Luft schieße“ (O-Ton). Derartige blamable Täuschungsversuche kann man sich jetzt ersparen.

Mit der beschlossenen Lieferung des Schützenpanzers des Typs „Marder“ an die Ukraine fällt ein weiteres militärpolitisches Tabu. Seit dem direkten russischen Eingreifen in den Ukraine-Krieg hatte sich das Kanzleramt gegen die Lieferung von Schützen- und Kampfpanzern gewehrt. Es war wie so oft vorhersehbar: Die radikalen Transatlantiker treiben die „Zögerer“ mit Unterstützung der von den transatlantischen Netzwerken durchsetzten Mainstream-Medien so lange vor sich her, bis diese einknicken. Und so fällt in der Eskalationsspirale ein Tabu nach dem anderen. Verhandlungsbereitschaft wird als Schwäche ausgelegt, vorgeschlagene Feuerpausen abgelehnt. Die russische Botschaft in Berlin sprach in einer Stellungnahme prompt von „einem weiteren Schritt hin zur Konflikteskalation“.

Der „Heimatfront“ erzählen die Propaganda-Medien, dass der ukrainische Sieg kurz bevorstünde, Putin todkrank sei oder kurz vor dem Sturz stehe. Das sind durchschaubare Durchhalteparolen, all das wird nicht eintreten. Radikale Transatlantiker wie Andreas Hofreiter schwatzen von der Befreiung der besetzten Gebiete – einschließlich der Krim. Der Haken ist nur, dass neuen Meldungen zufolge geplant sein soll Atomwaffen auf der Krim zu stationieren. Außerdem stellt sich die Lage an der Front doch etwas anders dar als in den deutschen Mainstream-Medien dargestellt. Als Ursula von der Leyen von 100000 getöteten ukrain. Soldaten sprach, nahm man kurze Zeit später das Video wieder runter. Dem US-Analysten Oberst Douglas McGregor zufolge hat die ukrain. Armee derzeit noch eine Stärke von 195000 Soldaten mit wenig Kriegsgerät, die nicht mehr in großem Umfang verstärkt werden kann, da die Ukraine bei der Rekrutierung inzwischen auf die über 45-jährigen zurückgreifen müsse. Dem stehen 540000 russ. Soldaten gegenüber, die jederzeit fast beliebig verstärkt werden können. Die Zerstörung der ukrain. Infrastruktur nehme dem Land immer mehr die Fähigkeit zum Widerstand, immer mehr mehr Mensch müssten das Land verlassen. Seinen Analysen zufolge werden all die Waffenlieferungen den Zusammenbruch der ukrain. Armee nur verzögern.

Wann ist man eine Kriegspartei?

Was aber passiert im Westen, wenn sich das nicht mehr verheimlichen lässt? Wird dann die nächste Stufe der Eskalation betreten, bis zum direkten Eingreifen? Nach den ungeheuren Ressourcen, die der Westen in die Ukraine gepumpt hat – wird man dies einfach so aufgeben, zumal dann auch viele Fragen in der Öffentlichkeit gestellt werden dürften?

Bereits am 16.3.2022 hat der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages ein 12-seitiges Gutachten herausgegeben, in dem dargelegt wird, ab wann ein Staat im russisch-ukrainischen Konflikt in völkerrechtlicher Hinsicht zu einer Kriegspartei wird. Waffenlieferungen allein machen einen Staat demnach nicht zu einer Kriegspartei, „erst wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei bzw. Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen.“

Nun werden in Deutschland sowohl von der US-Armee als auch von der Bundeswehr ukrainische Soldaten ausgebildet – bald wohl auch mit den Marder-Panzern. Nach den im Gutachten genannten Bedingungen sind somit längst erfüllt, Deutschland ist längst Kriegspartei. Deutschland verstrickt sich als Kriegspartei nur immer mehr in diesem Konflikt. Anfang Oktober 2022 berichte die „Zeit“, dass auch der deutsche Geheimdienst (BND) die Ukraine mit Geheimdienstinformationen versorgt.

Rote Linie erreicht?

Die Bundesregierung geht mit diesem Kurs ein erhebliches Risiko ein. Völkerrechtlich ist die rote Linie bereits überschritten. Im russischen Parlament, der Duma, werden immer häufiger Forderungen laut, die Stützpunkte mit Raketen zu beschießen, wo ukrainische Soldaten an Waffen ausgebildet werden. Dies wäre nach dem wissenschaftlichen Gutachten des Bundestags durch das Völkerrecht gedeckt.

Man überlässt es der Entscheidung des russischen Präsidenten, wann er die rote Linie für überschritten hält – in der Hoffnung darauf, dass das atomare Potential der NATO ihn davon abhalten möge. Das heißt aber ganz klar gesagt, dass die Bundesregierung volles Risiko fährt und es offenbar nur noch eine Zeitfrage ist, bis sich Deutschland in einem direkten Krieg mit Russland befindet.