Die Illusion der freien Frau

„Kleider machen Leute“ heißt die Novelle des Schweizer Dichters Gottfried Keller. Die Kleidung der Frau in der freien westlichen Welt wird immer offener. Hat das immer mit der Entscheidung der Frau selbst zu tun oder wird diese Veränderung von der Modewelt aktiv vorangetrieben? Vor allem in der Sportwelt sorgt dieses Thema in den vergangenen Jahren für Aufsehen. Welchen Preis hat die Medaille?

Der Sportartikelhersteller Nike veröffentlichte vor kurzem die Olympia-Outfits für das US-Leichtathletikteam.1 Vergleicht man die Kleidung des Olympiasiegers von 1936 Jesse Owens2 mit dem vorgestellten Modell der Männer, sieht man wenig Veränderung. Die Kleidung liegt enger am Körper, um weniger Windwiderstand ausgesetzt zu sein. Ein ähnliches Modell würde man für das Frauenteam erwarten. Hier sollte auch der Vorteil im Vordergrund stehen, den die Kleidung durch Material und Passform bringen kann. Die amerikanische Meisterin der 5000 Meter sagte hierzu: „Frauen sollten Sport betreiben können, ohne befürchten zu müssen, dass die intimsten Körperstellen sichtbar sind.“3 Natürlich kann man hier anführen, dass die Sportlerinnen die Wahl haben, jedoch stellen sich hier zwei Fragen.

Die erste Frage: Haben die Frauen in diesem Fall wirklich eine Wahl?

Bei der Beachhandball-EM 2021 entschieden sich die Frauen der norwegischen Nationalmannschaft gegen die knappen Bikinihöschen. Eine Strafe von 1500 € war die Folge. Der Grund? „Unangemessene Kleidung“. Im Regelwerk des Weltverbands ist festgelegt, dass die Bikinihosen der Frauen enganliegend eine Seitenlänge von maximal 10 Zentimeter aufweisen dürfen.4 Warum muss die Länge der weiblichen Bekleidung einen Unterschied zu der männlichen aufweisen? Warum muss sie so genau geregelt sein, sodass man anzweifelt, ob dies tatsächlich etwas mit der sportlichen Leistung zu tun hat. Ebenfalls muss die Frage gestellt werden, ob von Welt- und Olympiaverbänden, sowie von den Leitern der Nationalteams Druck auf die Frauen ausgeübt wird, sich den Kleidervorschriften zu fügen, obwohl die Athletinnen diese für sexistisch betrachten und nicht tragen würden.

Die zweite Frage: Warum wird eine solche Mode überhaupt vorgestellt?

Wenn diese Form der sexistischen Sportkleidung bereits in der Vergangenheit für kontroverse gesorgt hat und wenn der sexistische Faktor nicht von der Hand zu weisen ist, aus welchem Grund wird diese knappe Kleidung in Betracht gezogen und offiziell vorgestellt? Sollte sich Sportmode nicht nach dem sportlichen Vorteil richten, statt an Sexappeal? Warum müssen die Grenzen der Freizügigkeit soweit getrieben werden, dass die Sportlerinnen selbst sagen „intimste Körperstellen könnten sichtbar werden.“ Könnte dies ein Mittel sein, die Freizügigkeit der Frau und die Objektifizierung weiter voranzutreiben?

Interessant ist ebenfalls, dass bei dieser Sportbekleidung keine Regierung die Notwendigkeit sieht, die Grundwerte der Frau zu schützen. Geht es jedoch um das Kopftuch muslimischer Athletinnen, fühlt sich die französische Sportministerin Amélie Oudéa-Castéra in der Pflicht, den Frauen des französischen Teams den Sport-Hijab zu verbieten.5 Hintergrund soll hier nicht der Schutz der Frau sein, sondern die laizistische Ausrichtung des französischen Staates. Dennoch ist auch der Schutz der Frau eine Aufgabe der Regierungen. Diese müssen gewährleisten, dass kein Geschlecht als Sexobjekt degradiert wird und dadurch der Wert in der Gesellschaft sinkt und Frauen und Mädchen aufgrund von Sexismus in Gefahr bringt, nicht im internationalen Sport und nicht in der Gesellschaft.

Das vom Westen suggerierte Bild der freien Frau ist eine Illusion. Ob auf Werbeplakaten für Cremes und Fitnessketten, ob durch Legalisierung von Prostitution, die zu 90% aus Menschenhandel resultiert, ob durch Sportkleidung: Die Frau wird in der westlichen Welt als Sexobjekt durch verschiedene Wirtschaftszweige ausgebeutet.

Verleugnen kann man ebenfalls nicht, dass dieser Sexualisierung der Frau durch Social Media und Mode massiv vorangetrieben wird. Die Probleme, die hierbei bereits in jungen Jahren bei Mädchen auftreten, sind bekannt, werden aber in Kauf genommen. Wenn die Freiheit der Frau darin besteht, freizügiger zu sein als andere, ist dies wahre Freiheit? Was für Leute machen Kleider in der modernen Sportwelt und in der Gesellschaft?


  1. https://www.nzz.ch/meinung/nike-begreift-es-auch-im-jahr-2024-nicht-der-sportartikelhersteller-sorgt-mit-der-olympiakleidung-der-us-leichtathletinnen-fuer-einen-aufschrei-ld.1826552 ↩︎
  2. https://olympics.com/de/video/berlin-1936-jesse-owens-the-african-american-who-contradicted-hitler-s-theories ↩︎
  3. https://www.nzz.ch/meinung/nike-begreift-es-auch-im-jahr-2024-nicht-der-sportartikelhersteller-sorgt-mit-der-olympiakleidung-der-us-leichtathletinnen-fuer-einen-aufschrei-ld.1826552 ↩︎
  4. https://www.n-tv.de/sport/Geldstrafe-weil-die-Hosen-zu-lang-sind-article22693580.html ↩︎
  5. https://www.morgenpost.de/vermischtes/article242120588/Warum-franzoesische-Athletinnen-kein-Kopftuch-tragen-duerfen.html ↩︎
Französischer Fußballverband untersagt Trinkpausen im Monat Ramadan

Französischer Fußballverband untersagt Trinkpausen im Monat Ramadan

Der französische Fußballverband weist die Schiedsrichter in einem Schreiben an, Spiele im Fastenmonat Ramadan, für Trinkpausen von muslimischen Spielern zur Zeit des Fastenbrechens, nicht zu unterbrechen.

Fußballverband möchte Sport und Religion voneinander trennen

Der Fußballverband begründet diese Entscheidung damit, dass sie die Grundwerte der französischen Republik verteidigen. So heißt es in der versendeten E-Mail an die Schiedsrichter, dass sie Maßnahmen ergreifen müssen, „um jegliche Diskriminierung oder Verletzung der Würde einer Person aufgrund ihrer … politischen und religiösen Überzeugungen zu verhindern“. Außerdem untersage der Verband während seiner Turniere jegliche „Zurschaustellung einer politischen, ideologischen, religiösen oder gewerkschaftlichen Zugehörigkeit“.

Es sei wichtig Sport und Religion voneinander zu trennen. „Ein Fußballplatz, ein Stadion, eine Sporthalle sind keine Orte der politischen oder religiösen Meinungsäußerung, sondern Orte der Neutralität, an denen die Werte des Sports wie Gleichheit, Brüderlichkeit und Unparteilichkeit herrschen müssen“, so in der E-Mail. Bei Nichteinhaltung dieser Anweisungen drohen disziplinarische und/oder strafrechtliche Verfahren. Insbesondere muslimische Fußballfans kritisieren die Entscheidung des Fußballverbands. Sie bezeichnen die Anweisungen als unangemessen und inakzeptabel.

Eric Borghini, Leiter der Schiedsrichterkommission, verteidigt hingegen die Anweisungen. „Die Idee ist, dass es für alles eine Zeit gibt. Eine Zeit, um Sport zu treiben und eine Zeit, um seine Religion zu praktizieren“. Es sei in den Regeln nicht erlaubt die Spiele aufgrund von Trinkpausen zu unterbrechen, so wie es in einigen Spielen auf Amateurebene geschehen sei.

Deutschland und England erlauben Trinkpausen

In der deutschen Bundesliga und der englischen Premier League hat man keine Probleme damit eine kurze Pause im Monat Ramadan einzulegen, um den muslimischen Spielern zu ermöglichen ihr Fasten mit etwas Wasser zu brechen. Diese Pause wird auch sicherlich dankend von den nicht-muslimischen Spielern angenommen.

“Eine generelle Anweisung gibt es dazu zwar nicht, aber wir unterstützen es natürlich, wenn unsere Schiedsrichter auf Bitten der Spieler während des Ramadan solche Trinkpausen zulassen…Das sollen sie gerne auch weiterhin so handhaben.”, sagte Lutz Michael Fröhlich, Geschäftsführer Sport und Kommunikation der DFB Schiri GmbH.

Der bekannte Fußballtrainer Jürgen Klopp, der beim FC Liverpool auch fastende Spieler trainiert, sagte über sie:

“Ich respektiere ihre Religion, sie waren immer wunderbar und haben ihr Bestes gegeben…Ob sie gefastet haben oder nicht. Es gibt Dinge, die wichtiger sind als Fußball.”

Geht es um den Boykott von russischen Sportlern an Sportveranstaltungen ist es kein Problem die strikte Neutralität, die in Frankreich versucht wird aufrechtzuerhalten, etwas zu lockern. Die religiöse Aussagekraft einer kleinen Trinkpause während des Spiels, so wie es auch oft an sehr heißen Spieltagen vorkommen kann, ist bei weitem nicht so hoch, wie die politische Aussagekraft russische Spieler von Veranstaltungen auszuschließen.

Manchmal sind kleine zwischenmenschliche Gesten, die keinem Schaden, wichtiger als das strikte Einhalten selbstauferlegter Regeln, die sowieso bei Bedarf, wie im Beispiel der russischen Athleten, gelockert werden können.

Fußballverband