Ein bekannter Ausspruch lautet sinngemäß:

Wenn jemand gelehrtes diese Welt verlässt, so entsteht eine Lücke und ein Verlust, der von niemandem ausgefüllt und ersetzt werden kann.

Genau so jemand war die Islamwissenschaftlerin Prof. Dr. Annemarie Schimmel, geboren 1922 in Erfurt und verstarb 2003 in Bonn.

Dieses Jahr ist der 100. Jahrestag der Geburt der geehrten Professorin, doch was machte sie zu einer Koryphäe ihres Gebiets? 

Eine beeindruckende Karriere

Schon als Kind kam sie früh in Berührung mit Poesie und Literatur. Gerade das indische Märchenbuch „Lotusnabel und Hassan” und die tieferliegende Bedeutung des Buches trafen sie wie ein Blitz. Durch die damit einhergehende Bedeutung „die Menschen schlafen, und wenn sie sterben, erwachen sie”, ein Zitat von Imam Ali (a.), dass Rumi verwendete, führte sie unter anderem nach ihrem Abitur zum Arabistik- und Islamwissenschaft-Studium. Mit jungen neunzehn Jahren promovierte sie bereits und erhielt einige Zeit später auch ihren Doktortitel in Religionswissenschaft. Zudem lernte sie unzählige Sprachen darunter Arabisch, Türkisch, Persisch und Urdu. Sie übersetzte unzählige Arbeiten und Gedichte, schrieb viele Bücher und war Professorin in Pakistan, Amerika, England, Türkei und Deutschland.

Wichtig zu erwähnen, sie lebte zu Zeiten des Nationalsozialismus, wo alles Arische über allem anderen stand und sie sich diesem trotzte und sich dennoch für den Islam und die Muslime begeistern ließ. Berühmt ist ihr Ausspruch

„Ich kann nicht über etwas arbeiten, was ich nicht liebe.“

Dies steht im kompletten Gegensatz zu jedem anderen Islamwissenschaftler im ganzen Westen. Jene Wissenschaftler scheinen den Islam und die Muslime zu verabscheuen und tragen dies auch weltweit aus, um den Islam und die Muslime immer wieder in die tiefsten Tiefen zu drängen.

Die sowohl unter Muslimen als auch Nichtmuslimen bekannteste und verehrteste Islamwissenschaftlerin verstand sich jedoch darin Brücken zwischen West und Ost zu bauen. Eine Vermittlerin mit tiefem Respekt vor jeder Religion und Kultur, die sich gegen Vorurteile und Hass und stattdessen für Versöhnung und Dialog einsetzte. Sie sagte selbst:

„(…) damit berühren wir einen Punkt, der mir immer wichtiger erscheint. Nämlich das Problem des liebevollen Verstehens fremder Kulturen, wenngleich das Wort Verstehen, heute mit dem Makel behaftet zu sein scheint, dass es einem kritiklosen Verzeihen gleichgesetzt wird. Echtes Verstehen aber wächst aus der Kenntnis historischer Tatsachen und Entwicklungen. Doch solche Kenntnis fehlt heute vielen.“

Verleumdung

Zum Ende ihres Lebens sollte ihr 1995 sogar der Friedenspreis des Börsenvereins des deutschen Buchhandels verliehen werden, jedoch aufgrund einer Aussage zum Buch Salman Rushdies „Die satanischen Verse“ erhielt sie, kurz vorher, einen Shitstorm sondergleichen, da behauptet wurde, sie würde die Todesurteil Fatwa Imam Chomeinis befürworten, was sie mit ihrer Aussage jedoch nicht tat. Selbst Alice Schwarzer meldete sich schon damals zu Wort und nannte sie einen Antidemokraten.

Prof. Dr. Annemarie Schimmel sagte:

„Ich habe gesehen wie erwachsene Männer geweint haben, als sie erfahren haben was in den satanischen Versen steht und das ist nach meiner Meinung auch eine sehr üble Art, die Gefühle einer großen Menge von Gläubigen zu verletzen, und das ist etwas was ich auch nicht schätzen kann.“

Zur Frage, ob sie Muslima sei, antwortete sie stets:

„dass nur diejenigen, die sich nicht sicher sind, ob sie gute Muslime sind oder nicht, wirklich gute Muslime sein können.”

Ihr Lebensmotto lautete „Weltpoesie ist Weltversöhnung”, ein Zitat des Dichters Friedrich Rückerts und so lebte Annemarie Schimmel ihr Leben mit Begegnung statt mit Konfrontation. Sie behielt sich vor die schönen Dinge einer Religion hervorzuheben statt diese Religion mit Füßen zu treten.

Ihrem Begräbnis in der evangelischen Kreuzkirche folgte die Verlesung der Sura Fatiha. Ihre Ruhestätte auf dem Bonner Friedhof bei Ihrer Mutter trägt die Inschrift

Die Menschen schlafen, und wenn sie sterben, erwachen sie.