Der Benediktiner Nikodemus Schnabel nimmt einen erhöhten gesellschaftlichen Druck auf die Christen in Israel wahr. Hilfe von der EU und vor allem aus Deutschland erhofft er sich weniger.

In der aktuellen Regierung sitzen Menschen, die Christen abgrundtief hassen

In einem Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“ äußerte sich der Benediktiner Nikodemus Schnabel, der am Sonntag zu Abt der Dormitio-Abtei in Jerusalem geweiht wurde, über die Lage der Christen vor Ort. Der Druck sei spürbar gestiegen. “Gesellschaftlich gab es schon immer die Kräfte, die uns abgrundtief hassen”. Früher kam der Hass aus den Rändern der Gesellschaft. Heute sitzen sie in Israel in der Regierung. Bestes Beispiel ist der Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir.

“Als wir 2015 in unserem Kloster in Tabgha einen verheerenden Brandanschlag hatten, hat er die Täter als Anwalt vertreten. Sein Auftreten vor Gericht war voller Beleidigungen und hat sich uns ins Gedächtnis eingebrannt”, sagte Schnabel.

In diesem Jahr gab es allein in Jerusalem sieben Vorfälle antichristlicher Gewalt, so Pater Nikodemus. Er selber werde fast täglich angegriffen und angespuckt. Vor 20 Jahren passierte das vielleicht einmal im halben Jahr.

Einheit unter den christlichen Konfessionen ist viel besser als in der Vergangenheit

Ein möglicher Grund für die Anfeindungen der aktuellen Regierung, die auf ein einheitliches jüdisches Erscheinungsbild der Stadt Jerusalem hinarbeitet, ist dass das griechisch-orthodoxe Patriarchat der zweitgrößte Grundbesitzer in Israel ist. Auf dem dritten Platz folgen ihnen die Franziskaner. So stünden der Oberste Gerichtshof in Jerusalem, das Israel-Museum und die Knesset, also das Parlament, auf kirchlichem Grund.

Hilfe aus der EU oder dem Vatikan erhofft man sich weniger. International gebe es eine mangelnde Sensibilität für dieses Problem. Gerade auf deutscher Seite herrsche eine panische Angst, etwas falsch zu machen, wenn es um Israel geht.

“Aus meiner Sicht bedeutet Solidarität mit Israel jedoch nicht Solidarität mit der jeweiligen Regierung, sondern mit allen Bürgern dieses Landes, mit der Zivilgesellschaft, und da gehören die Christen dazu. Aber da fühle ich mich manchmal doch ziemlich alleingelassen.”

War das Verhältnis der christlichen Konfessionen untereinander in der Vergangenheit vorbelastet, sei dies heute ganz anders. Dies sei nicht nur der christlichen Brüderlichkeit geschuldet. „Jeder weiß auch, dass wir gleich unsere Koffer packen können, wenn wir uns auch noch untereinander Stress machen.”, so Schnabel.

Noch vor kurzem gratulierte der deutsche Bundestag Israel zum 75. Jahrestag ihres Bestehens. In keinem Satz erwähnte man den Rassismus und die Diskriminierungen Israels. Die „einzige Demokratie im Nahen Osten“, wie Israel so oft genannt wird, zeigt immer deutlicher ihr wahres Gesicht. Minderheiten und andere Religionen, werden respektlos behandelt und erniedrigt. Angst vor Konsequenzen brauchen sie keine zu haben. Dass die Christen vor Ort erkannt haben, dass nur eine Einheit untereinander sie vor weiteren Übergriffen schützt, sollte eine Lehre für viele Muslime sein, die immer noch spalten, statt zu einen. Schließlich kann nur eine Einheit unter den Muslimen dafür sorgen, dass sie ihre Rechte durchsetzen und ihre Würde wahren können.

Christen
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