Hanau – ewige Trauer am 19. Februar

Die Trauer in Deutschland sitzt tief heute, am 19. Februar. An diesem Tag vor vier Jahren wurden neun junge Menschen in Hanau ermordet. Das Motiv des Mordes war Rassismus. Für die meisten von uns geht der Alltag normal weiter, auch wenn wir mit den hinterbliebenen trauern. Für sie ist jedoch seit vier Jahren alles anders. Nichts wird jemals so sein wie davor. Niemand kann den Opfern und ihren Familien je das Leben zurückgeben.

„Dieser Mordanschlag weckt die Politik und die Gesellschaft auf“, dachte man. „Dinge werden sich ändern“, sagte man. Doch was wurde seitdem wirklich unternommen? Übergriffe mit rassistischen Motiven sind in Deutschland eine Ausnahme, möchten einige meinen. In den Medien wird häufig nur am Rand darüber berichtet, wenn muslimische Frauen wegen ihres Kopftuchs attackiert werden. Fremdenfeindliche Übergriffe sind jedoch bei vielen der Alltag, auch wenn sie noch so klein sind. Vielmehr lesen wir in den Hauptschlagzeilen, wie schlecht sich Zuwanderer in den letzten 60 Jahren integriert haben. Als Bild der Schlagzeile eine Frau mit Kopftuch oder andere Bilder, die widerliche Klischees bedienen. Das sind keine Berichte, die in der Gesellschaft zu einem gemeinsames Wir beitragen, sondern Artikel, die die Verkaufs- und Klickzahlen der jeweiligen Zeitungen und Medien erhöhen sollen, indem sie auf die Sensationsgier der Menschen abzielen. Das Ergebnis: Nicht das Wohl der Menschen und das Gemeinschaftsgefühl der Bevölkerung wächst zusammen, sondern die Spaltung innerhalb der Gesellschaft wächst. Vielleicht sollten sich diejenigen, die an den Hebeln unseres Landes sitzen, darüber Gedanken machen, ob diese Art der Berichterstattung einen Beitrag zu Frieden leistet. Waren Medien nicht zur Aufklärung aufgerufen, die zu Zusammenhalt führt?

Wir können uns innerhalb der Bevölkerung weiter trennen und weniger als ein Wir denken. So ist es wahrscheinlich einfacher, im Falle einer Katastrophe einen Schuldigen zu finden, auf einen Feind zeigen zu können und eine mögliche Schuld, Verantwortung oder Betroffenheit von sich zu weisen. „War ein schrecklicher Einzelfall eines grausamen Rassisten, den wir verurteilen.“, könnte es dann heißen. Die Verurteilung ist einer der ersten Schritte, was ist mit der Verbesserung der Lage? Wenn man heute Kinder aus Migrationsfamilien fragt, ob sie sich tatsächlich als vollen Teil der deutschen Bevölkerung, unserer Gesellschaft sehen, wird die Antwort gelinde gesagt sicher nicht immer positiv ausfallen. Traurig, dass unsere Regierungen nach fast 65 Jahren Einwanderungsgeschichte immer noch keinen Weg gefunden haben, die die Probleme der Integration, des teilweise beidseitigen Hasses und des Rassismus ansatzweise lösen. Derzeit spürt man eher, dass sich die Probleme seit Jahren verhärten.

Heute trauert hoffentlich ganz Deutschland. Ist es eine Trauer wegen der Opfer durch ihre Familien, die nicht erlauben, dass man den Anschlag auf ihre Kinder vergisst oder ist es eine Trauer, die uns an unsere Probleme innerhalb unserer Gesellschaft erinnert und uns motiviert, diese zu lösen?

Sie waren neun Menschen von uns, unserer deutschen Gesellschaft. Gökhan, Sedat, Said, Mercedes, Hamza, Vili-Viorel, Fatih, Ferhat und Kaloyan. Man wird euch nicht vergessen. Möget ihr ewig in Frieden ruhen.

Der Anschlag von Hanau

Der Anschlag von Hanau

Es ist nun genau ein Jahr vergangen nach dem rassistischen Anschlag in Hanau, bei dem 9 Menschen ums Leben kamen. 1 Jahr Zeit, die man nutzen hätte können, um das Geschehen in Hanau als etwas zu verstehen, was es in Wirklichkeit auch ist. Eine Wahrheit, die seit unzähligen Jahren in die Dunkelheit gerückt wird und nicht beim Namen genannt wird, – Rechtsextremismus, Rassismus…

Wenn wir von Hanau sprechen, dann ist es wichtig zu verstehen, dass wir nicht von etwas Vergangenem sprechen. Wir sprechen von einer düsteren Wahrheit, die man bis heute in der Dunkelheit halten möchte. Doch die Wahrheit kommt ans Licht, nämlich durch die Sprache. So zeigt uns die Sprache, dass sie immer mehr geprägt ist von rassistischen Begriffen, und die Liste ist lang… 

Hanau zeigt uns, dass wir in einem Rechtsstaat leben, wo selbst die Sicherheit zu einem Privileg wird. Hanau zeigt uns, wozu rassistisch motivierte Taten führen, nämlich zu noch mehr Hass, zu noch mehr Anschlägen, denn die Welt wurde schon oft Zeuge von solchen Handlungen und Übergriffen.

Die Nacht von Hanau ist bis heute nicht vergangen. Die Politik hat sich dieses Geschehens noch immer nicht angenommen, um aufzuklären und proaktiv gegen Rassismus und Rechtsextremismus vorzugehen. Es fehlt noch immer das Bewusstsein dafür, gewaltbereite und von Hass und Ignoranz geführte Menschen zu stoppen und ihnen nicht mehr den Raum zu geben, um solche Taten ausüben zu können. 

Das Problem bei der Wurzel packen

Wenn wir das Problem daher nicht bei der Wurzel packen, dann nimmt die Saat zu, die gepflanzt ist in vielen weiteren Herzen und eines Tages die ganze Welt erreichen und mit sich reißen. 

Mögen diese Seelen, die ihr Leben für solch eine hässliche Wahrheit lassen mussten in Frieden ruhen und mögen diese Namen uns in Erinnerung bleiben. In Erinnerung daran, dass jede Tat ihre Konsequenzen hat, auch wenn keine Konsequenzen gezogen werden. Die Konsequenz daraus wird dann nämlich jene sein, dass eines Tages keiner mehr in Sicherheit sein wird. 

Denn Rassismus tötet, – und ja von Hanau bis Halle, Rassismus tötet uns alle. 

Wir Gedenken der Opfer und erinnern an sie und wünschen den Angehörigen weiterhin viel Kraft und Geduld.